18 Oktober 2024
EZB senkt Zinsen, Chinas Konjunkturprogramm enttäuscht
Wirtschaft und Märkte aktuell
Von Jamie Coleman
Senior Strategist,
Strategy and Insights Group
12. bis 18. Oktober 2024
Internationale Aktien legten diese Woche etwas zu und notierten nur knapp unter ihren Rekordhochs. Die US-Zehnjahresrendite fiel um 3 Basispunkte auf 4,07%. Weil die Angst vor einem israelischen Angriff auf die iranischen Förderanlagen nachließ, verbilligte sich das Barrel Rohöl der Sorte West Texas Intermediate um 6 US-Dollar auf 69,35 US-Dollar. Gemessen an Terminkontrakten auf den CBOE Volatility Index (VIX) fiel die Volatilität diese Woche von 19,5 auf 18,7.
EZB senkt Zinsen schneller
Nach Zinssenkungen im Juni und September forcierte die EZB das Tempo und senkte ihren Einlagensatz am Donnerstag um 25 Basispunkte auf 3,25%. Laut Notenbankchefin Christine Lagarde ist eine niedrigere Inflation jetzt wahrscheinlicher als eine höhere, und das Wachstum sei etwas schwächer als erwartet. Am Markt rechnet man mit mindestens einer weiteren Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember. Lagarde glaubt, dass der Euroraum einer Rezession entgeht. Als Risikofaktor nannte sie aber mögliche amerikanische Handelsbeschränkungen.
Chinas Kursrallye geht die Luft aus
Chinesische Aktien gaben diese Woche weiter nach. Sie reagierten auf offizielle Verlautbarungen, dass sich die Hilfsprogramme auf die Kommunalfinanzen und den Immobilienmarkt beschränken würden. Eine umfassende Konsumförderung sei nicht geplant. Seit dem Hoch am 8. Oktober ist der Shanghai-Shenzhen Index bis zum Börsenschluss am Freitag um etwa 8,5% gefallen, notiert aber noch immer um 23% höher als vor einem Monat. Mehrere Pressebriefings des Wohnungsbau- und des Finanzministeriums lieferten diese Woche Einzelheiten der geplanten Maßnahmen, die die Reformhoffnungen der Investoren aber nicht erfüllten. Priorität hat für die Regierung ein etwa 560 Milliarden US-Dollar schweres Hilfspaket für Immobilienentwickler, damit sie bereits verkaufte, aber noch nicht fertiggestellte Häuser zu Ende bauen können. Man geht davon aus, dass dies das Wirtschaftswachstum etwas stärkt. So erwartet Goldman Sachs für 2025 einen Gesamteffekt von 0,4% des BIP und hob die Wachstumsprognose auf 4,7% an. Nach den Zahlen vom Freitag war das Wirtschaftswachstum im 3. Quartal mit 4,6% z.Vj. etwas stärker als erwartet, vor allem, weil Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze positiv überraschten. Die Verkäufe von Wohnimmobilien sind aber um 24% z.Vj. gefallen. Am Freitag kündigte die chinesische Notenbank eine weitere Lockerung der Geldpolitik und eine rasche Umsetzung der Finanzhilfen an.
Wohl kein israelischer Angriff auf Irans Ölförderung und Kernkraftwerke
Laut Washington Post hat Israels Premier Benjamin Netanjahu der Biden-Administration mitgeteilt, dass man statt iranischer Ölförderanlagen und Kernkraftwerke militärische Ziele angreifen wolle. Die Zeitung beruft sich auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Regierungsmitarbeiter. Der israelische Gegenschlag würde damit kleiner ausfallen; ein großer Krieg in der Region würde unwahrscheinlicher. Israels Verteidigungsminister Joaw Galant erklärte am Dienstag, dass Israel auf den iranischen Angriff reagieren werde, und zwar „präzise, schmerzhaft und überraschend“. Allerdings habe sein Land „kein Interesse an neuen Fronten oder Konflikten“. Die Ölpreise fielen daraufhin. Am Donnerstag gab Israel die Tötung von Hamas-Chef Yahya Sinwar im südlichen Gazastreifen bekannt, was die Hamas militärisch weiter schwächt. Laut US-Präsident Joe Biden ist mit Sinwars Tod ein Friedenshindernis weggefallen.
Nach 0,1% Anstieg im August legten die amerikanischen Einzelhandelsumsätze im September um überraschend starke 0,4% zu. Die Kernrate betrug 0,7%, nach 0,3% im August. Nach diesen Zahlen rechnet das GDPNow Model der Federal Reserve Bank of Atlanta jetzt mit einem Wirtschaftswachstum von 3,4%.
Wegen der höheren Staatsausgaben erwartet der Internationale Währungsfonds einen Anstieg der weltweiten Staatsverschuldung auf 100 Billionen US-Dollar im Jahr 2024 und auf 100% des Welt-BIP bis 2030.
Anfang der Woche führte China Land- und Luftmanöver nahe Taiwan durch – wenige Tage, nachdem Taiwans Präsident die Souveränität seines Landes bekräftigt hatte.
Am Freitagabend senkte Fitch Ratings den Ausblick für das französische Länderrating auf negativ, bestätigte aber das AA-. Als Gründe wurden höhere Haushaltsrisiken und die politische Zersplitterung genannt, die Reformen erschwerten.
Im September fielen die chinesischen Produzentenpreise um 2,8% z.Vj., nachdem sie im August nur um 1,8% zurückgegangen waren. Die Deflationssorgen nahmen zu.
Fed-Gouverneur Christopher Waller plädierte am Montag für vorsichtige Zinssenkungen. Aufgrund der Datenlage solle man nur langsam zu einem neutralen Niveau zurückkehren. Waller warnte, dass die Hurrikans und Streiks im Oktober bis zu 100.000 Stellen kosten könnten.
Kanada hat sechs indische Diplomaten und Konsularbeamte ausgewiesen. Das kanadische Außenministerium begründete dies am Montag mit einer gezielten Kampagne indischer Agenten gegen kanadische Bürger.
Die USA warnten den Iran, dass jeglicher Angriff auf das Leben von Ex-Präsident Trump als feindlicher Akt eingestuft würde.
Die britische Finanzministerin Rachel Reeves muss im kommenden Haushalt, der am 30. Oktober vorgestellt wird, eine Finanzlücke von deutlich mehr als den zuvor genannten 22 Milliarden Pfund schließen. Vermutlich müssen die Steuern jetzt doch stärker erhöht und die Ausgaben stärker gekürzt werden.
Am Donnerstag schloss der DAX auf einem Rekordhoch von 19.583 Punkten.
Die von der Federal Reserve Bank of New York gemessenen 1-Jahres-Inflationserwartungen betragen unverändert 3%. Das teilte die Bank am Montag mit. Allerdings fürchten jetzt so viele Verbraucher wie zuletzt 2020, dass sie einen Kredit nicht bedienen können. Die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten drei Monaten eine Mindesttilgung nicht leisten zu können, schätzten sie im September auf 14,2%, der vierte monatliche Anstieg in Folge.
Im September stieg der kanadische Verbraucherpreisindex nur um 1,6% z.Vj. Damit wird es wahrscheinlicher, dass die Bank of Canada ihren Leitzins am Mittwoch um 50 Basispunkte senkt.
In einem Interview beim Economic Club of Chicago verteidigte Ex-Präsident Trump seine Pläne für kräftige Zollerhöhungen. Das sei „gut für die Unternehmen, die wir haben, und die Unternehmen, die dann kommen“.
Im September blieben die britischen Verbraucherpreise gegenüber dem Vormonat unverändert. Gegenüber dem Vorjahr stiegen sie um 1,7%, sodass die Inflation erstmals seit April 2021 unter dem Notenbankziel lag. Investoren rechnen im Schnitt mit Zinssenkungen um etwa 43 Basispunkte bis zum Jahresende. Bislang war die Bank of England hier eher vorsichtig.
Italien plant eine Sonderabgabe in Höhe von 3,5 Milliarden Euro für Banken und Versicherungen zur Finanzierung von Sozial- und Gesundheitsausgaben.
Bei den Wahlen am nächsten Wochenende droht Japans Liberaldemokraten der Verlust der absoluten Mehrheit. Jetzt erklärte ein Regierungssprecher am Mittwoch, dass ein größeres Konjunkturprogramm geplant sei als im Vorjahr.
Auf einer Sitzung des ukrainischen Parlaments stellte Staatschef Wolodymyr Selenskyj seinen „Siegesplan“ vor, der den Krieg mit Russland seiner Ansicht nach 2025 beenden könne. Voraussetzung sind aber umfangreiche Hilfen der ukrainischen Partnerländer, die vielleicht nur schwer zu bekommen sind.
Unmittelbar nach der EZB am Donnerstag senkte auch die dänische Notenbank ihren Leitzins, von 3,10% auf 2,85%.
Erstmals seit zehn Monaten gingen Japans Exporte im September zurück, vor allem, weil weniger Autos ausgeführt wurden und China weniger japanische Waren kaufte.
Am Mittwoch trafen amerikanische B2-Tarnkappenbomber Waffendepots der Huthi-Rebellen im Jemen.
Bislang haben etwa 11% der S&P-500-Unternehmen die Ergebnisse für das 3. Quartal 2024 vorgelegt. Kombiniert mit Schätzungen für die übrigen 89% sind die Gewinne laut FactSet um etwa 2,8% z.Vj. gestiegen. Im 2. Quartal waren es noch 11,2%. Die Umsätze legten im Vorjahresvergleich um 4,4% zu.
Montag: Beginn der IWF-Jahreskonferenz in Washington
Mittwoch: vermutlich Zinssenkung der Bank of Canada um 50 Basispunkte; Bekanntgabe der Verkäufe von Bestandsimmobilien in den USA, Beige Book der Fed
Donnerstag: vorläufige Einkaufsmanagerindizes (weltweit)
Freitag: kanadische Einzelhandelsumsätze, Bestellungen langlebiger Güter in den USA
Fokussiert und diversifiziert bleiben
Unabhängig vom Marktumfeld halten wir es für sehr wichtig, dass Investoren stark nach Assetklassen diversifizieren. Durch eine enge Zusammenarbeit mit Ihrem Investmentberater können Sie dazu beitragen, dass Ihr Portfolio angemessen diversifiziert ist und zu Ihren Langfristzielen, Ihrem Zeithorizont und Ihrer Risikobereitschaft passt. Diversifikation garantiert aber keine Gewinne und schützt auch nicht vor Verlusten.
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Quellen: MFS Research, Wall Street Journal, Financial Times, Reuters, Bloomberg News, FactSet Research, CNBC.com.
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