Im Überblick
- Extremrisiken durch die US-Wahlen und die Weltlage sorgen weiter für Unsicherheit.
- Der Konjunkturausblick scheint wegen der Zinssenkungen und der guten Fundamentaldaten solide.
- Unsere Portfolios sind defensiv positioniert. Dabei wollen wir Einzelwertchancen nutzen.
Halloween ist vorbei, die US-Wahlen stehen kurz bevor. Nichts ist so sicher wie die Unsicherheit. Noch haben die Wahlen die Märkte nicht wirklich beeinflusst. Aber es kann wichtig werden, wer gewinnt. Bis das Ergebnis vorliegt, können wir nur spekulieren – über die Auswirkungen auf die Geld- und Fiskalpolitik und damit auch auf Märkte und Konjunktur.
Kamala Harris dürfte Bidens Politik im Wesentlichen fortsetzen. Trump 2.0 ist hingegen weniger berechenbar. Das Ende der Auszählung ist nicht unbedingt das Ende der Unsicherheit, denn das Ergebnis kann angefochten werden. Am problematischsten für Investoren wäre es wohl, wenn die Republikaner beide Parlamentskammern gewännen. Das könnte die Unabhängigkeit der Fed gefährden.
Da sowohl vor als auch nach der Wahl Volatilität möglich scheint, spricht zunächst viel für eine defensive Positionierung. Sobald wir das Ergebnis kennen, können Anleger ihre Portfolios daran ausrichten. Das gilt vor allem für Emerging-Market-Anlagen und den USDollar, für Duration und Laufzeitenallokation und nicht zuletzt für die Aktienquote.
Am problematischsten für Investoren wäre es wohl, wenn die Republikaner beide Parlamentskammern gewännen.
Extremrisiken durch unsichere Weltlage bleiben
Die Weltpolitik ist immer eine Herausforderung. Anleger unterschätzen sie aber meist, solange Krisen nicht eskalieren. Wir sehen zurzeit vor allem drei große Risiken: Ein Ende des Krieges zwischen Russland und der Ukraine ist nicht in Sicht, eine kurzfristige Lösung schon gar nicht. Das belastet Europa und andere benachbarte Länder noch immer. Das größte weltpolitische Risiko zurzeit ist aber der Krieg im Nahen Osten. Sorgen machen die Lage in Israel und eine mögliche Eskalation der Auseinandersetzungen mit dem Iran, vor allem, wenn doch noch Öl- und Nuklearanlagen angegriffen werden. Weniger präsent ist zurzeit der Konflikt zwischen China und Taiwan, doch sollte man ihn keinesfalls übersehen. Diese anhaltenden Krisen sorgen für große Extremrisiken, vor allem für die Preisstabilität. Es könnte klug sein, sich mit inflationsindexierten US-Staatsanleihen (TIPS) abzusichern und den US-Dollar nicht mehr unterzugewichten.
Guter Konjunkturausblick
Zum Jahresende fragt man sich, was 2025 bringt. Vier Themen scheinen uns wichtig: Inflation, Wirtschaftswachstum, Geldpolitik und Fiskalpolitik. Alles in allem rechnen wir mit einer weichen Landung der Konjunktur. Wegen der derzeitigen Bewertungen bevorzugen wir aber defensivere Qualitätsanlagen.
Die zeitweise sehr hohe Teuerung ist zwar drastisch gefallen, aber Risiken bleiben. Strukturelle Gründe für einen erneuten deutlichen Inflationsanstieg sehen wir nicht, doch könnten spezifische Risiken wie Angebotsengpässe bei Öl, Zölle, Handelskriege und Naturkatastrophen einen überraschenden Preisanstieg auslösen.
Beim Konjunkturausblick wird der Arbeitsmarkt wichtiger. Die Fed lässt keinen Zweifel daran, dass sie ihn beobachtet. Auch wir behalten die Arbeitsmarktdaten daher genau im Blick. Wir achten darauf, wie unsere Analysten die einzelnen Unternehmen einschätzen, um das mit den gesamtwirtschaftlichen Zahlen abzugleichen.
Weltweit ist die Geldpolitik jetzt koordinierter. Die Industrieländer-Notenbanken und einige EmergingMarket-Notenbanken lockern allmählich. Mit massiven Zinssenkungen rechnen wir dennoch nicht, da die meisten Volkswirtschaften noch immer wachsen und wir zwar eine Disinflation, aber keine Deflation erleben. Für die meisten Länder erwarten wir also eine allmähliche Normalisierung der Zinsen. Eine Ausnahme ist Japan, wo die Geldpolitik gestrafft wird.
Wesentlich unsicherer ist die Fiskalpolitik. Wenn Haushaltsdefizite mit Produktivitätsgewinnen einhergehen, dürfte die Inflation beherrschbar bleiben. Zinserhöhungen sind dann unwahrscheinlicher. Bei unproduktiven Staatsausgaben droht aber eine höhere Inflation. Die Notenbanken wären dann alarmiert. Aber noch einmal zurück zu den Wahlen in den USA: Ein niedrigeres Haushaltsdefizit scheint für keinen der beiden Kandidaten Priorität zu haben. Unterschiede gibt es eher bei der geplanten Ausgabenstruktur.
Zunehmende Marktverzerrungen können Alphachancen für aktive Manager sein.
Portfoliopositionierung
Dieser unsichere Ausblick kann für Anleiheninvestoren aber durchaus eine Chance sein, vor allem bei einem großen Anlageuniversum. Zunehmende Marktverzerrungen können Alphachancen für aktive Manager sein. Je stärker die Kurse streuen und je volatiler sie sind, desto vielversprechender ist die Einzelwertauswahl. Die US-Wahlen werden Gewinner und Verlierer produzieren, auch an den Märkten, zumal mit einem niedrigeren Wirtschaftswachstum zu rechnen ist. Insgesamt sind wir defensiv positioniert. Der Kreditzyklus geht zu Ende. Wir rechnen mit zunehmender Volatilität und einer stärkeren Streuung der Erträge. Um Chancen schnell nutzen zu können, achten wir weiterhin auf einen großen Anteil liquider Anleihen.
Investmentgrade
Nach wie vor sind wir in Credits übergewichtet. Wir glauben, dass ein schwächeres Wachstum bei niedrigerer Inflation Investmentgrade-Titeln entgegenkommt. Die Unternehmensfinanzen sind trotz der höheren Kreditzinsen stabil, und die Fundamentaldaten der meisten Emittenten sind recht ordentlich. Die Investmentgrade-Spreads sind heute so eng wie seit vielen Jahren nicht mehr. Zugleich bietet die Assetklasse wegen der hohen Renditen recht attraktive Erträge, sodass mit weiteren Mittelzuflüssen zu rechnen ist. Trotz der durchaus hohen Bewertungen können die Spreads aber noch eine Zeit lang eng bleiben – solange sich die Konjunktur nicht deutlich verschlechtert und auf das schwächere Wachstum nicht etwa ein Aufschwung, sondern eine Rezession folgt. Wir wüssten aber nicht, was zurzeit deutliche Spreadausweitungen auslösen könnte.
Innerhalb der Assetklasse achten wir genau auf die Länderallokation. Bei weiteren Zinssenkungen scheinen uns Anleihen aus dem europäischen Immobiliensektor interessant. Er war wegen der Zinserhöhungen unter Druck geraten, könnte aber jetzt von niedrigeren EZB-Leitzinsen profitieren. Verringert haben wir den Anteil an Finanzanleihen, da ihre Bewertungen gestiegen sind und eine Spreadausweitung wahrscheinlicher geworden ist. Untergewichtet sind wir in Zyklikern, etwa aus dem Automobilsektor. In den USA verzichten wir wegen der flachen Zinsstrukturkurve auf länger laufende Titel; hier sehen wir nur wenig Kurspotenzial. Wir bevorzugen Investitionsgüterunternehmen mit eigenen Immobilien und Firmen mit inflationsgeschützten Cashflows.
High yield
High-Yield-Investoren haben zuletzt vor allem in Kurzläufer investiert, da die für die Schuldenrückzahlung nötigen kurzfristigen Cashflows sehr berechenbar sind. Die Renditen sind attraktiv, und die Fundamentaldaten sind heute besser als im letzten Konjunkturzyklus, sodass auch wir hier investieren. Titel mit BB-Rating scheinen uns teuer, doch halten wir aufgrund unserer Einzelwertanalysen ausgewählte höher verzinsliche Kurzläufer für interessant. Wegen der engen Spreads halten wir insgesamt zwar weniger High Yield, könnten unsere Positionen aber bei entsprechenden Chancen aufstocken.
Wir achten weiterhin auf eine geschickte weltweite AssetAllokation.
Emerging-Market-Anleihen
In den Emerging Markets halten wir Crossover-Credits aus Ländern mit stabilen Währungen, positiven Zahlungs- und guten Außenbilanzen für interessant, sofern wir hier unabhängig vom Wahlausgang in den USA Potenzial sehen. Solange wir den Wahlausgang aber nicht kennen, zögern wir mit deutlichen Aufstockungen. Schließlich könnten bei einem Sieg Trumps Zollerhöhungen für Volatilität sorgen.
Duration
Da die Notenbanken zu Zinssenkungen entschlossen scheinen, halten wir eine lange Duration für die größte strategische Chance. Zu Beginn eines Zinssenkungszyklus sollten Anleger unserer Ansicht nach von Geldmarktanlagen und Kurzläufern in länger laufende Titel umschichten. Wegen der hohen Einstiegsrenditen rechnen wir bei weiteren Zinssenkungen mit höheren Erträgen als am Geldmarkt. Außerdem bieten länger laufende Anleihen – ganz klassisch – laufenden Ertrag und Diversifikation. Das gilt vor allem, wenn man weltweit anlegt und damit Länderunterschiede nutzen kann. Bei Staatsanleihen legen wir daher Wert auf weltweite Diversifikation und investieren nicht nur in den USA. Hier sind wir zwar noch immer übergewichtet, haben die Duration aber trotzdem gesenkt. Stattdessen haben wir mehr in Ländern investiert, wo wir mit Zinssenkungen rechnen, die in den Kursen noch nicht berücksichtigt sind. Dazu zählen Europa, Korea und Kanada.
Fazit
Wir achten weiterhin auf eine geschickte weltweite Asset-Allokation, da die Volatilität steigen und die Ertragsstreuung zunehmen können. Außerdem nutzen wir die Einzelwertanalysen unseres großen internationalen Researchteams, um mit aktiver Einzelwertauswahl Mehrertrag zu erzielen. Die engen Spreads und die niedrige Volatilität boten uns Gelegenheit, uns günstig gegen weltpolitische Extremrisiken abzusichern. Wegen der möglichen Folgen internationaler Krisen für die Energie- und Rohstoffmärkte, den Welthandel und die Lieferketten halten wir eine umsichtige und diversifizierte Asset-Allokation weiter für sinnvoll.
Anlagen in Schuldtitel können an Wert verlieren, wenn sich die (tatsächliche oder wahrgenommene) Kreditqualität des Emittenten, Schuldners, Kontrahenten bzw. anderer zahlungsverantwortlicher Personen/Unternehmen oder der zugrunde liegenden Sicherheiten verschlechtert. Wertverluste sind auch bei einer Veränderung der Konjunktur, des politischen Umfelds sowie aus emittentenspezifischen oder anderen Gründen möglich. Bestimmte Anleihenarten können auf diese Faktoren stärker reagieren und sind dadurch volatiler. Hinzu kommen Zinsrisiken (steigen die Zinsen, verlieren Festzinstitel üblicherweise an Wert). Deshalb können die Anteilspreise des Fonds bei steigenden Zinsen fallen, da sich der Wert der Portfoliopositionen an die steigenden Zinsen anpasst.
Die hier dargestellten Meinungen sind die des Autors/der Autoren und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung zum Kauf von Wertpapieren, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse.