decorative
collateral

Die totale Verwirrung: Was ESG-Ratings so schwierig macht

Die oft unklaren ESG-Ratings machen es Investoren nicht leicht. Dieses Artikel hebt die Notwendigkeit einer Expertenanalyse hervor und plädiert für einen aktiven, differenzierten Ansatz zur ESG-Integration.

Auteurs 

Vishal Hindocha, CFA
Senior Managing Director
Global Head of Investment Solutions

Bess Joffe
Managing Director
Global Head of Client Sustainability Strategy

Im Überblick 

  • Die oft unklaren ESG-Ratings machen es Investoren nicht leicht.
  • Wie Investoren die Nachhaltigkeit eines Unternehmens beurteilen, wird immer wichtiger.
  • Weil Öffentlichkeit und Aufsichtsbehörden immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen, war die Nachfrage nach Qualitätsdaten, Analysen und Informationen nie größer.
  • Unterschiedliche Ratingagenturen können zu widersprüchlichen und subjektiven Einschätzungen kommen. Außerdem liefern viele Unternehmen unzuverlässige Daten.
  • Investoren, Gläubiger, Versicherungen und Assetmanager müssen gemeinsam mit Wissenschaftlern und anderen Stakeholdern daran arbeiten, die Performancerelevanz von ESG besser zu verstehen.
  • Für uns ist ESG Teil des Investmentprozesses und nicht etwas Eigenständiges. Unternehmen mit einer guten ESG-Praxis erfahren oft rechtzeitig von Problemen, die ihnen langfristig große Schwierigkeiten bereiten könnten.. 

Äpfel und Birnen: ESG-Scores und ESG-Ratings 

Die vergleichenden Analysen der Agenturen unterscheiden sich stark, und ihre ESG-Kennzahlen beruhen auf verschiedenen Indikatoren. Als Assetmanager vergleichen wir bei Nachhaltigkeitsanalysen daher oft Äpfel mit Birnen. Das schadet uns und unseren Kunden.

2021 war MFS® eines der vier Gründungsmitglieder des Aggregate Confusion Project der MIT Sloan School of Management, das ESG-Analysen im Finanzsektor verbessern soll. Zusammen gehen wir die Probleme an und entwickeln die Grundlagen für eine konsequentere und verlässlichere Berücksichtigung von ESG-Faktoren. Roberto Rigobon, Society of Sloan Fellows Professor of Management und Professor of Applied Economics an der MIT Sloan, formulierte es so: „Wenn wir die Probleme bei der Nutzung von ESG-Daten beheben, verbessert das unsere Analysen und die Messverfahren, die wir gemeinsam entwickeln.“

Ausgangspunkt dieser Arbeit sei seine Studie „Aggregate Confusion: The Divergence of ESG Ratings“ gemeinsam mit MIT Research Fellow Florian Berg, so Rigobon. Darin hätten sie herausgefunden, dass „die Korrelation zwischen den ESG-Ratings wichtiger Agenturen im Schnitt nur 0,54 beträgt. Die Kreditratings von Moody’s und Standard & Poor’s haben hingegen eine Korrelation von 0,92“. Auf einer MFS-Veranstaltung sagte Rigobon: „Wir überzeugten die Ratingagenturen davon, uns ihre Ausgangsdaten zur Verfügung zu stellen – und uns Kontakt zu ihren Analysten zu ermöglichen. Wir sprachen also mit Menschen.“

Die „Aggregate Confusion“-Studie nennt unterschiedliche Messverfahren (56%), verschiedene ESG-Themen bzw. -Risiken (38%) und andere Gewichtungen (6%) als wichtige Gründe für die Abweichungen. Eine weitere Studie verfasste George Serafeim, Charles M. Williams Professor of Business Administration an der Harvard Business School. Unter dem Titel „ESG: From Process to Product“ bezeichnet er ESG-Integration als einen kontinuierlichen Prozess, in dem alle Beteiligten Fortschritte messen, analysieren, steuern und darüber berichten müssen. Leider sind ESG-Anlagen für manche aber Routine geworden. Aus einem kontinuierlichen Prozess wurde ein Standardprodukt. Aber das ist zu simpel. Die Branche muss die Herausforderung annehmen.

Was könnten die Lösungen sein? Wir glauben, dass ein aktiver Ansatz wie der von MFS helfen kann, bei dem alle wichtigen ESG-Faktoren in den Investmentprozess einfließen. Wir berücksichtigen alle relevanten Faktoren – finanzielle und nicht finanzielle –, um das Langfristpotenzial eines Unternehmens einzuschätzen. Dabei stützen wir uns vor allem auf eigene Analysen. 

Kompetenz zählt 

ESG-Analysen sind etwas für Experten. Oft führt die Aggregation der Daten aber zu wenig aussagekräftigen Ratings, weil wichtige Einzelheiten unberücksichtigt bleiben. Für Professor Serafeim, Co-Head des Climate and Sustainability Impact Lab im Digital, Data and Design Institute, hat die Entwicklung von ESG vom Prozess zum Produkt für Verwirrung gesorgt. Die Agenturen nutzten verschiedene Kennzahlen und Methoden, konzentrierten sich nur auf ausgewählte Aspekte oder gewichteten manche Aspekte stärker als andere. Daher wachse der Bedarf an Rahmenrichtlinien, die Ziele und Eigenschaften von ESG-Anlageprodukten definieren.

Wenn wir investieren, wollen wir Mehrwert schaffen. Wie wir in unserer Studie „Ein konstruktiver Nachhaltigkeitsansatz“ gezeigt haben, scheint man nur zwei Arten von Stewardship für möglich zu halten, die noch dazu grundverschieden sind: Entweder man ist aktivistisch, oder man bleibt passiv. Wir sehen das anders. Konstruktive Eigentümerverantwortung hat viel mit Zusammenarbeit und Verstehen zu tun. Wir glauben, dass wir dadurch einen Analysevorsprung haben und mehr Alpha schaffen können.

Wie bei anderen Nachhaltigkeitsthemen auch nutzen wir bei ESG unsere bewährten Techniken: Gespräche mit Unternehmen, kluge Stimmabgabe auf Hauptversammlungen, bilaterales Engagement und Zusammenarbeit mit anderen Investoren. Angesichts der Tücken von ESGRatings müssen institutionelle Investoren Investmentmanager besser verstehen und beurteilen können. Sie müssen sie dafür zur Verantwortung ziehen, wie sie Nachhaltigkeitsfragen in den Investmentprozess einfließen lassen.

Die Branche muss sich mit all dem auseinandersetzen. ESG-Themen sind komplex. Mit einem einfachen Punktwert oder einer anderen simplen Lösung ist es nicht getan. Letzten November sagte Professor Rigobon: „Wenn ich Ihnen 100 Statistiken gäbe, wären Sie wahrscheinlich überwältigt. Sie könnten kaum entscheiden, in welche Firma Sie investieren sollen. Das Problem, das die Ratingagenturen lösen wollen, ist extrem schwierig. Lösungen können nur von Menschen kommen. Wir müssen Messung und Aggregation Experten anvertrauen, die all diese Themen – ob Behandlung von Mitarbeitern, Elektrosmog und Produktsicherheit im Onlinegeschäft – genau durchdringen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Einzelner Experte für alles sein kann.“

Unsere Lösung sind enge Kontakte und regelmäßige Gespräche mit unseren Portfoliounternehmen. Wir wollen ein sehr kooperatives, langfristiges und dauerhaftes Engagement, bei dem wir unsere genauen Kenntnisse jedes einzelnen Unternehmens stets einbringen. Wir arbeiten auch in Zukunft gemeinsam mit Kunden, Wissenschaftlern, Portfoliounternehmen und anderen Stakeholdern daran, dass die Investmentbranche die ESG-Integration besser versteht.

Mehr über nachhaltiges Investieren bei MFS erfahren Sie unter mfs.com/sustainability oder bei Ihrem MFS-Ansprechpartner vor Ort.

Mehr über dieses Thema erfahren Sie in unserer Studie „Ein konstruktiver Nachhaltigkeitsansatz“.

Quellen

Die hier dargestellten Meinungen sind die des Autors/der Autoren und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung zum Kauf von Wertpapieren, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien.

MFS kann ökologische, soziale und governancebezogene Faktoren (ESG-Faktoren) in seine Anlageentscheidungen, seine fundamentale Investmentanalyse und seine Engagementaktivitäten einbinden. In welchem Maße MFS ESG-Faktoren in seine Anlageentscheidungen, Investmentanalyse und/oder Engagementaktivitäten einbezieht, kann je nach Strategie, Produkt und Assetklasse sowie im Zeitablauf variieren und wird im Allgemeinen auf Grundlage der Einschätzung von MFS hinsichtlich der Relevanz und Wesentlichkeit der spezifischen ESG-Faktoren bestimmt (die von Einschätzungen oder Meinungen Dritter, einschließlich Investoren, abweichen kann). Jegliche ESG-Bewertungen oder die Einbeziehung von ESG-Faktoren durch MFS können auf von Dritten (einschließlich Portfoliounternehmen und ESG-Datenanbietern) erhaltenen Daten beruhen, die ungenau, unvollständig, inkonsistent, veraltet oder Schätzungen sein können oder nur bestimmte ESG-Aspekte berücksichtigen (statt das gesamte Nachhaltigkeitsprofil und die Maßnahmen einer Anlage oder ihrer Wertschöpfungskette zu betrachten) und sich daher nachteilig auf die Analyse der für eine Anlage relevanten ESG-Faktoren durch MFS auswirken können.

58324.1
close video