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Keine Krise ohne Boom

Die Finanzmärkte sind nicht perfekt, mit einer Tendenz zu Booms und Krisen. Letztes Jahr achteten Investoren vor allem auf Konjunktur und Zinsen. Das könnte ein Fehler gewesen sein, denn der Boom fand anderswo statt.

Autor

Robert M. Almeida, Jr.
Portfoliomanager und Global Investment Strategist 

Im Überblick

  • Die Finanzmärkte sind nicht perfekt, mit einer Tendenz zu Booms und Krisen.
  • Letztes Jahr achteten Investoren vor allem auf Konjunktur und Zinsen.
  • Das könnte ein Fehler gewesen sein, denn der Boom fand anderswo statt.

Booms und Krisen als Folge des Kapitalzyklus

In einer Marktwirtschaft richtet sich die Ressourcenallokation nach dem Nutzen. Die Privat-wirtschaft zieht Kapital aus Branchen ab, die unwichtiger werden und deren Kapitalrendite fällt – und investiert es dort, wo die Erträge steigen und das Kapital mehr Nutzen stiftet.

Der Kapitalzyklus sorgt für Innovation, Fortschritt und Wandel. Aber er ist nicht perfekt, wie  die ständige Wiederkehr von Booms und Krisen zeigt – in einzelnen Branchen und in der  Wirtschaft als Ganzes. Es gibt eine Tendenz, ertragreiche Projekte mit Kapital zu überschütten. Das löst einen Boom aus: Erst entspricht das Angebot der Nachfrage, aber irgendwann ist es höher. Wenn die Exzesse erkannt werden, brechen die Kapitalrenditen ein, und die Krise nimmt ihren Lauf. Oft übertreiben die Marktkräfte dann in die andere Richtung, bis irgendwann ein neues Gleichgewicht gefunden wird und sich die Erträge normalisieren.

Viele hatten für die USA letztes Jahr eine Rezession prognostiziert. Aber sie blieb aus, sodass das Interesse an risikobehafteten Anlagen wieder zunahm. Doch egal ob harte oder weiche Landung, scheinen Anleger die falschen Schwerpunkte zu setzen. Ich halte zu hohe Investitionen in Branchen mit Angebotsüberschüssen für das wesentlich größere Risiko. Sehr viel klüger könnten Investitionen in Branchen mit einem strukturell begrenzten Angebot und entsprechend nachhaltigen Kapitalrenditen sein. Das könnte sehr viel erfolgreicher sein als der Versuch, auf Basis höchst unsicherer Konjunktur- und Zinsprognosen den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden.

In diesem Sinne geht es in dieser Ausgabe von Strategie aktuell darum, wo ein Boom stattfand und wo daher eine Krise drohen kann. 

Wo war der Boom – und warum?

Der Konjunkturaufschwung nach der internationalen Finanzkrise 2008 war lang, aber schwach. Die Banken zögerten mit der Kreditvergabe; Verbraucher und Unternehmen gaben nur wenig Geld aus. Wenn amerikanische und europäische Unternehmen nicht eigene Aktien zurückkauften oder die Produktion nach China verlagerten, investierten sie in Software. Der Anteil von Softwarefirmen an der Marktkapitalisierung des S&P 500 hat sich verdoppelt.

Besonders viel Software kauften Großunternehmen, wo die Effizienzgewinne auch am höchsten waren. Unternehmen mit über 10.000 Mitarbeitern nutzen heute im Schnitt 650 verschiedene Programme. Auch wenn die Aktienindizes das nicht wirklich zeigen, sind die Ausgaben für Software in den letzten Jahren dennoch gefallen. Aber warum?

Die Unternehmen selbst nennen unterschiedliche Gründe, von wirtschaftlicher Unsicherheit bis  zu knappen Finanzen. Ganz allgemein scheint aber nach Jahren hoher Softwareausgaben jetzt  eine Konsolidierung stattzufinden. Sehr viel wichtiger und vielleicht auch langfristig relevant könnte aber sein, dass die Ausgaben für Künstliche Intelligenz steigen.

Der technische Fortschritt wirkt langfristig deflationär, weil er Engpässe beseitigt. Wenn eine alte Technologie durch eine neue ersetzt wird, spart man nicht nur Geld, sondern produziert auch effizienter, zum Nutzen der Gesellschaft. Bei KI denken die meisten Leute an gesellschaftlichen Nutzen und Produktivitätsgewinne. Das ist auch nicht falsch. Aber was ist mit den Technologien, die KI ersetzt? Viele der betroffenen Unternehmen hatten zum Anstieg der Softwareausgaben beigetragen. Jetzt drohen ihre Erträge einzubrechen. 

Die richtigen Schwerpunkte setzen

Anleger nutzen die Erkenntnisse von Volkswirten und Geldpolitikern, die anhand von Vergangen-heitsdaten Konjunktur und Zinsen prognostizieren wollen. Ich halte das nicht für besonders sinnvoll. Es ist so, als würde ein General die letzte Schlacht noch einmal schlagen wollen. Aber die nächste Krise entsteht nicht da, wo die letzte war – sondern da, wo es zuletzt geboomt hat.

Nicht das BIP hat geboomt, und auch nicht der Arbeitsmarkt oder der Konsum. Geboomt hat der Softwaresektor, ermöglicht durch attraktive Kapitalrenditen und Effizienzgewinne der Unternehmen. KI kann aber vieles zu einem Bruchteil der Kosten leisten. Wir glauben, dass IT-Budgets von Software zu KI umgeschichtet werden und die Unternehmen in Zukunft weniger unterschiedliche Programme nutzen. An der Richtung gibt es keinen Zweifel; diskutieren kann man allenfalls über das Tempo.

Der Softwaresektor ist saturiert, und der Wettbewerb ist intensiv. Unwahrscheinlich ist, dass KI wichtige Programmpakete dupliziert. Software und KI werden zusammenarbeiten, aber es gibt viel zu viele kleine Anbieter unspezifischer Softwarepakete. Mehrertrag scheint möglich, wenn man Unternehmen meidet, deren Geschäftsmodelle keine Zukunft haben, und auf Firmen setzt, an deren Software kein Weg vorbeiführt. Und deshalb dürfte nach Jahren des Dornröschenschlafs auch aktives Management wieder wichtiger werden.

 

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