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Die Märkte freuen sich auf einen schlankeren Staat

Anleger begrüßen die Deregulierung unter Trump 2.0. In den letzten drei Präsidentschaften hat die Regierung großen Einfluss auf die Märkte genommen. Wie könnten Aktien auf einen schlankeren Staat reagieren?

AUTOR

Robert M. Almeida, Jr.
Portfolio Manager und Global Investment Strategist

Im Überblick

  • Anleger begrüßen die Deregulierung unter Trump 2.0.
  • In den letzten drei Präsidentschaften hat die Regierung großen Einfluss auf die Märkte genommen.
  • Wie könnten Aktien auf einen schlankeren Staat reagieren?

Märkte mögen weniger Interventionismus

Seit Jahrzehnten hat der S&P 500 am Tag nach der Wahl nicht mehr so stark zugelegt wie 2024, und auch danach stiegen die Kurse. Die Anleger sind von der möglichen Politik in Trumps zweiter Präsidentschaft begeistert.

Vor allem schätzen sie die geplante Deregulierung und die Aussicht auf weniger Staatseingriffe in Wirtschaft und Finanzmärkte.

Der Staat war ein wichtiger Marktteilnehmer

In der Marktwirtschaft ist die Ressourcenallokation eigentlich Aufgabe der Märkte. Sie vertraut nicht auf den Staatsapparat, sondern auf kollektives Wissen. Die Schwarmintelligenz soll entscheiden, welche Projekte finanziert werden und wie, zum Wohle aller.

Aber wie viel Einfluss hat der Staat zuletzt eigentlich genommen? Seit der internationalen Finanzkrise 2008 ist die Antwort eindeutig: sehr viel.

Abbildung 1 zeigt die amerikanische Schuldenstandsquote, also das Verhältnis von Staats-schulden zum BIP. Sie ist von 68% vor der Finanzkrise fast auf erstaunliche 130% gestiegen.

Abbildung 2 zeigt die Bilanzsumme der Fed in Prozent des US-BIP seit der Jahrtausendwende. Von durchschnittlich 5% vor der internationalen Finanzkrise ist die Kennzahl auf heute 25% angeschwollen. 25 Cent jedes in den USA erwirtschafteten Dollar befinden sich in den Büchern  der Notenbank. Die Geldmenge ist explodiert.

Und dann waren da noch die Konjunkturprogramme nach Corona, vom CARES Act bis zum American Rescue Plan, mit gut 5 Billionen US-Dollar zusätzlichen Staatsausgaben. Am Ende war das Haushaltsdefizit so hoch, wie man es sonst nur aus Kriegszeiten kennt.

All das verhinderte, dass die US-Wirtschaft in den letzten ein bis zwei Jahren in die Rezession fiel. Aber die weiche Landung hatte einen hohen Preis.

Und wie haben sich Aktien angesichts des enormen Staatsquotenwachstums entwickelt? Vom Beginn der Obama-Administration bis Ende Oktober 2024 hat der S&P 500 um 839% zugelegt, also um etwa 15% p.a.1 Ob der Präsident Obama, Trump oder Biden hieß – die risikoadjustierten Erträge waren überdurchschnittlich.

Über die Geld- und Fiskalpolitik hat sich die US-Regierung in die Wirtschaft eingeschaltet. In guten Zeiten hat sie die Gewinne privatisiert, in schlechten Zeiten die Verluste verstaatlicht.

Den Märkten fiel es dadurch wesentlich schwerer, Risiken adäquat zu bewerten und für eine optimale Ressourcenallokation zu sorgen, ob der Präsident nun Demokrat oder Republikaner war. Aber was kommt jetzt – mit Deregulierung, aber auch Zöllen?

Ein Blick nach vorn

Die meisten Anleger (und ich ganz sicher) begrüßen Deregulierung und weniger staatliche Inter- ventionen. Wichtig ist aber der Ausgangspunkt. Die folgende Abbildung zeigt das konjunktur-bereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis amerikanischer Aktien in den letzten 100 Jahren.

Natürlich sind die Kurse heute nicht so hoch wie während der Internetblase in den 1990ern. Nach den zuletzt hohen Erträgen erstaunt es aber nicht, dass die Bewertungen heute ähnlich sind wie in den späten 1920ern. Das heißt aber nicht, dass ich mit einem neuen Schwarzen Freitag rechne, oder mit einer neuen Großen Depression. Dafür sind die Unterschiede doch zu groß.

Die Bewertungen sind zwar ähnlich, aber es wäre gefährlich, nur darauf zu achten. Anleger müssen auch die künftigen Gewinne im Blick haben, also den Nenner des KGV. Sie sind der wichtigste Faktor für die Kursentwicklung. Das bringt mich zu einer weiteren Parallele zu den späten 1920ern: Zölle.

1929 wurde den Anlegern allmählich bewusst, dass der republikanisch dominierte Kongress Zölle auf über 25.000 Güter plante, die die USA einführten. Waren aus heimischer Produktion wurden damit attraktiver, aber für ausländische Produkte mussten amerikanische Unternehmen und Verbraucher jetzt mehr zahlen. Der Kurseinbruch im Oktober 1929 hatte sicher noch andere Gründe, aber das protektionistische Smoot-Hawley-Zollgesetz hatte seinen Anteil an den niedrigeren Gewinn-erwartungen und dem nachlassenden Interesse für Aktien.

Lassen Sie uns aber fair bleiben: Die Faktorkosten sind schon lange vor den Wahlen 2024 gestiegen; Kapital und Arbeit sind deutlich teurer geworden. Unternehmen konnten die höheren Kosten aber meist an die Verbraucher weitergeben. Die Verbraucher begannen dann aber, teure Güter und Dienstleistungen zu substituieren, sodass die Preise nicht mehr so stark stiegen und die Inflation fiel. Zugleich haben die Unternehmen unnötige Ausgaben gekürzt. Das war einfach, dürfte aber jetzt abgeschlossen sein. In Zukunft wird das nicht mehr so leicht möglich sein, sodass die Erträge der Indexunternehmen wohl wesentlich stärker streuen.

Fassen wir also zusammen: Weniger staatliche Interventionen in Wirtschaft und Märkte waren längst überfällig und werden gern gesehen. Dennoch glaube ich, dass Anleger die Konsequenzen von weniger Staatsinterventionen für Projekte und Unternehmen bedenken müssen, die unter wachsenden Kostendruck geraten. Ich glaube daher, dass Trump 2.0 und vor allem ein schlankerer Staat die Dominanz des passiven Investierens durchaus bremsen könnten.

 

Anmerkung

1 Quellen: Bloomberg, S&P 500. Kumulierte und annualisierte Erträge auf Basis von Monatsdaten vom 31. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2024. Bruttoerträge in US-Dollar.

Quelle: Bloomberg Index Services Limited. BLOOMBERG® ist eine Handels- und Dienstleistungsmarke von Bloomberg Finance L.P. und seinen Tochtergesellschaften (zusammen „Bloomberg“). Bloomberg oder seine Lizenzgeber besitzen alle geistigen Eigentumsrechte an den Bloomberg-Indizes. Bloomberg hat dieses Dokument weder bestätigt noch genehmigt, garantiert weder die Richtigkeit noch die Vollständigkeit irgendeiner hierin enthaltenen Information, gibt keine explizite oder implizite Garantie im Zusammenhang mit den daraus gezogenen Schlüssen und schließt im größten nach anwendbarem Recht zulässigen Umfang jedwede Haftung oder Verantwortung für Schäden aus, die im Zusammenhang mit diesen Informationen entstehen.

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