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2024: Wahlen in den USA – Marktperspektiven

Investoren sollten sich mit den Vorschlägen beider Kandidaten auseinandersetzen. Allerdings haben Wahlergebnisse die Marktentwicklung in der Vergangenheit nicht nachhaltig beeinflusst.

By JONATHAN W. HUBBARD, CFA Managing Director, Strategy and Insights Group, BRAD RUTAN, CFA Managing Director, Strategy and Insights Group and MICHAEL DEMBRO Lead Strategist, Strategy and Insights Group.

  • IM ÜBERBLICK

    IM ÜBERBLICK

    Bis zu den Wahlen am 5. November bleibt nicht mehr viel Zeit. Neue Allianzen bilden sich, man bezieht Position, und die noch unentschlossenen Wähler entscheiden sich allmählich. In dieser Studie ordnen wir die Wahlen historisch ein und analysieren politische Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Kandidaten. Ein wichtiges Thema ist die Steuerpolitik. Sie wird entscheidend davon abhängen, ob eine der beiden Parteien neben dem Präsidenten auch die Mehrheit im Kongress stellt oder ob die Macht geteilt wird. Andere Themen sind Zölle und Regulierungen. In den letzten zehn Jahren sind Republikaner wie Demokraten protektionistischer geworden, und nach einem höchstrichterlichen Urteil im Frühsommer ändert sich auch das Regulierungsumfeld. 

    Investoren sollten sich mit den Vorschlägen beider Kandidaten vertraut machen. Aller- dings haben Wahlergebnisse die Markt-entwicklung in der Vergangenheit nicht nachhaltig beeinflusst. Kriege, Rezessionen und selbst Pandemien haben nicht verhindert, dass die Kurse langfristig gestiegen sind. Wer den Präsidenten und die Kongressmehrheit stellte, hatte erstaunlich geringe Auswirkungen auf den Aktienmarkt. Am besten schien es zu sein, wenn die Partei des Präsidenten nicht auch den Kongress kontrollierte. Manchmal reagierten die Märkte aber auch überraschend, etwa 2016. Die Versuchung ist groß, sich als Anleger von der Politik mitziehen zu lassen. Dennoch halten wir es für klug, seinen Anlage-zielen treu zu bleiben und Politisches aus den Anlageentscheidungen herauszuhalten.

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    Die Versuchung ist groß, sich als Anleger von der Politik mitziehen zu lassen. Dennoch halten wir es für klug, seinen Anlagezielen treu zu bleiben und Politisches aus den Anlageentscheidungen herauszuhalten.

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  • Staatsausgaben und Steuern

    Seit fast 25 Jahren ist der amerikanische Bundes-haushalt defizitär. Daran dürfte sich auch mindestens zehn weitere Jahre lang nichts ändern. Für die Fiskalkonservativen in Washington und für einzelne Wähler ist das Defizit ein großes Thema, aber die meisten Amerikaner reagieren eher gleichgültig. Corona hat die ohnehin schon hohen Staatsausgaben weiter steigen lassen. In nur drei Jahren wurden für über 4,6 Billionen US-Dollar Konjunkturprogramme aufgelegt, und zeitweise betrug das Defizit mehr als 15% des BIP. Die wirtschaftlichen Folgen dieser enormen Ausgaben waren eindeutig: Der Konsum  legte kräftig zu, die Inflation auch. 

    Unabhängig vom Wahlsieger im November rechnen wir weiterhin mit hohen Haushaltsdefiziten. Die beiden Kandidaten werden aber unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Kamala Harris plant Steuer-gutschriften von 25.000 US-Dollar beim erstmaligen Hauskauf und 6.000 US-Dollar nach der Geburt eines Kindes. Die Körperschaftsteuer soll von 21% auf 28% steigen. Außerdem will sie den, wie sie es nennt, „Preiswucher“ im Lebensmittelhandel bekämpfen – aber es ist unklar, was sie genau vorhat und wie sie es durchsetzen will. 

    Darüber hinaus hat sie eine Erhöhung des bundesweiten Mindestlohns versprochen und will Steuern auf Trinkgelder im Restaurant- und Hotelgewerbe abschaffen. Damit greift sie eine Idee von Ex-Präsident Trump auf.

    Trump wiederum will nicht nur Steuern auf Trinkgelder abschaffen, sondern auch jene Steuersenkungen aus dem in seiner ersten Amtszeit verabschiedeten Tax Cut and Jobs Act of 2017 entfristen, die sonst Ende 2025 auslaufen. Die Körperschaftsteuersenkung von 35% auf 21% ist ohnehin von Dauer, nicht aber die Steuersenkungen für Privatpersonen. Zu Trumps 20 wichtigsten Programmpunkten zählt auch die Stärkung und Modernisierung des amerikanischen Militärs. Bei Trump 2.0 würden also wohl die seit Jahren stagnierenden Verteidigungsausgaben erhöht. 

    Manche Maßnahmen können per Erlass umgesetzt werden, größere Änderungen erfordern aber die Zustimmung des Parlaments. Die Mehrheitsverhältnisse im neuen Kongress sind daher äußerst wichtig. 

       

       

       

  • Der Arbeitsmarkt

    Der schwächere Arbeitsmarkt wurde auch für Investoren zu einem immer wichtigeren Thema. Was bedeuten die Pläne der beiden Kandidaten für die Beschäftigungsentwicklung in den USA? 

    Einwanderung

    Arbeit ist ein wichtiger Produktionsfaktor. Wenn die Produktivität nicht steigt, kann die Wirtschaft ohne zusätzliche Erwerbspersonen nicht wachsen. Trump hat versprochen, bei einem Wahlsieg die Südgrenze zu sichern, die illegale Einwanderung zu verringern und Millionen illegaler Einwanderer abzuschieben. Harris will ebenfalls die Grenze sichern, zugleich aber die legale Einwanderung fördern und Einwanderern, die schon im Land sind, den Weg zur amerikanischen Staatsbürgerschaft ebnen. Da in den USA weniger Menschen geboren werden als sterben, ist eine gewisse Einwanderung nötig. Sonst würde die Erwerbsbevölkerung schnell altern, und die Erwerbspersonenzahl würde wie in vielen europäischen Ländern und in China schrumpfen. Einwanderung polarisiert. Wir glauben aber, dass es in den USA ohne sie nicht geht.

    Gewerkschaften

    Traditionell wählen Gewerkschaftsmitglieder demo-kratisch. Bei seinem Wahlsieg 2016 erhielt Trump von ihnen aber ungewöhnlich viele Stimmen in wichtigen Swing States. Ohne die Stimmen der Gewerkschaftler kann Harris nicht gewinnen. Generell muss sie die Arbeiter davon überzeugen, dass ihre Wirtschaftspolitik ihnen nützt – auch wenn die Regierung, der sie selbst angehört, die finanziellen Belastungen vieler Arbeiterfamilien in den letzten vier Jahren kaum lindern konnte.

    Steuern auf Trinkgelder

    Beide Kandidaten wollen Steuern auf Trinkgelder im Dienst- leistungssektor abschaffen. Die meisten Beschäftigten verdienen hier aber so wenig, dass sie gar keine Einkommen-steuer zahlen und sich die Entlastungen in Grenzen halten. Harris möchte den Bundesmindestlohn von 2,13 US-Dollar für Mitarbeiter mit Trinkgeldeinnahmen anheben. Er ist seit 1991 unverändert und liegt deutlich unter den 7,25 US-Dollar für Beschäftigte ohne Trinkgelder. Der Großteil der Löhne von Mitarbeitern mit Trinkgeldern wird zurzeit von den Verbrauchern gezahlt. Dennoch würden die Kosten der Unternehmen bei einem höheren Mindestlohn steigen. Viele Firmen haben schon jetzt mit steigenden Arbeitskosten in anderen Bereichen zu kämpfen.

       

       

       

  • Zölle werden normal

    Ex-Präsident Trump hat die umfangreichsten Zölle seit den 1930ern eingeführt. Nachfolger Joe Biden ließ die meisten davon unangetastet und hat sie für China sogar noch ausgeweitet. Bei einem Wahlsieg Trumps rechnen wir mit noch mehr Schutzzöllen und vermuten, dass er entsprechende Drohungen als außenpolitisches Instrument einsetzt. Vizepräsidentin Harris dürfte die Zölle auf chinesische Güter wie schon Biden beibehalten, aber weniger offen für Zölle auf die Produkte wichtiger Handelspartner wie der EU, Kanada und Mexiko sein. Trump hat 60% Zoll auf alle chinesischen Importe und bis zu 20% Zoll auf Güter aus anderen Ländern vorgeschlagen. Harris äußerte sich hier weniger konkret. Seit der Einführung neuer Zölle am Anfang von Trumps Präsidentschaft haben viele Hersteller konjunktursensitiver Konsumgüter ihre Produktion von China in andere asiatische Länder und nach Mexiko verlagert. Höhere Zölle auf chinesische Waren würden das Wirtschaftswachstum weiter bremsen.

    Früher dienten Zölle einmal dazu, Geld für die US-Regierung zu beschaffen und dabei amerikanische Unternehmen zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Heute will man mit Zöllen auch geistiges Eigentum schützen. Unabhängig von den Argumenten und Effekten dürften neue Zölle Revanchezölle zur Folge haben. Das würde dem Welthandel weiter schaden und könnte Konsumgüter langfristig verteuern.

    In Einzelfällen können Zölle vielleicht etwas bewirken, aber  insgesamt machen sie das Leben für die Amerikaner teurer.  Sie bremsen das Wirtschaftswachstum und verursachen internationale Spannungen. Und noch etwas: In den letzten  100 Jahren hat der Kongress immer mehr Entscheidungs-kompetenzen über Zölle an die Exekutive abgegeben. Wir rechnen damit, dass beide Kandidaten diese Macht nutzen,  um ihre persönlichen Ziele durchzusetzen.

       

       

       

  • Unterschiedliche Regulierungs- ansätze

    Harris will vor allem niedrigere Kosten für Verbraucher.

    • Wohnen: Harris möchte Deregulierung, damit mehr Häuser gebaut werden. Hinzu kommen Finanzhilfen für erstmalige Hauskäufer und Programme zum Bau kostengünstiger Mietwohnungen. All das nützt Bauherren und Unternehmen aus dem Baugewerbe.
    • Lebensmittel: Außerdem hat sie Preiskontrollen ange-kündigt und will Großfusionen im Lebensmittelsektor unterbinden. Preiskontrollen hatten meist niedrigere Investitionen und weniger Wettbewerb zur Folge. Statt zu fallen, könnten die Preise dann steigen.
    • Gesundheit: Die Vizepräsidentin will die Patienten-ausgaben für verschreibungspflichtige Medikamente deckeln. Außerdem will sie bei Biologika auf Preis-verhandlungen im Rahmen von Medicare verzichten. Das könnte Pharmaunternehmen helfen, die sich auf klassische Arzneimittel spezialisiert haben.
    • Energie: Harris ist für erneuerbare Energien. Ihre Pläne für fossile Energien gelten für den Sektor als neutral bis negativ. Anders als früher will sie Fracking aber nicht mehr verbieten.

    Trump will mit Deregulierung das Wirtschaftswachstum fördern.

    • Klima: Trump würde aus dem Pariser Klimaabkommen austreten und die Biden’sche Emissionsregulierung von 2023 abschaffen. Beides würde den Anbietern erneuerbarer Energien schaden. 
    • Energie: Er verspricht einfachere Genehmigungs-verfahren für Bohrungen und Pipelines. Das wäre gut für Midstream-Unternehmen und könnte auch Explorations- und Förderunternehmen zunächst nützen. Langfristig könnte Deregulierung ihnen aber schaden, weil das Ölangebot steigen und der Ölpreis dann fallen könnte. 
    • Verarbeitendes Gewerbe: Die Offenheit des Ex-Präsidenten für Zölle könnte der amerikanischen Industrie nützen. Vielleicht würde er aber Teile des Inflation Reduction Act und des CHIPS Act aufheben. Die Auswirkungen seiner Politik auf das Verarbeitende Gewerbe wären also uneinheitlich.
    • Banken und Finanzen: Trump möchte nicht börsennotierten Unternehmen die Einwerbung von Kapital erleichtern und Kryptowährungen fördern. Die Pläne für eine Entschärfung der Dodd-Frank-Regulierungen könnten Finanzinstituten helfen, weil ihre Compliancekosten fallen würden. Andererseits könnte das Geschäft von Banken und Verbraucherkreditinstituten sehr viel instabiler werden.

    US-Präsidenten haben in der Regulierungspolitik sehr viel Macht. Die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs könnte aber das Gleichgewicht zugunsten des Kongresses verschieben. Wie viele Wahlversprechen werden also wirklich umgesetzt? PolitiFact berichtet, dass Trump nur 23% und Biden nur 28% seiner Versprechen gehalten hat. Kommt Zeit, kommt Rat. Jedenfalls sollte man Aussagen im Wahlkampf nicht überbewerten.

       

       

       

  • Geteilte Macht ist gut für Aktien

    Nach unseren Analysen haben Aktien in Jahren mit Präsidentschaftswahlen meist stark zugelegt, seit 1928 um durchschnittlich 7,5%. Das zweitbeste Jahr für Aktien ist demnach meist das letzte Jahr der vierjährigen Amtszeit, wobei die Erträge vor allem in dessen zweiter Hälfte anfallen. Überraschend ist, dass die Aktienmarktvolatilität (gemessen an der Standardabweichung p.a.) seit 1928 in Wahljahren  und anderen Jahren fast gleich ist.

    Märkte hassen Unsicherheit. Vielleicht legen Aktien auch deshalb im letzten Jahr der ersten Amtszeit eines Präsidenten stärker zu als im letzten Jahr seiner zweiten Amtszeit, wenn er eine Lame Duck ist. Diese Wahl ist aber anders. Biden ist eine untypische lahme Ente, sodass uns diese Erkenntnis vielleicht nicht weiterhilft. 

    Früher war es am Aktienmarkt meist recht egal, welche Partei die Kongressmehrheit stellte. Am besten war die Performance meist bei unterschiedlichen Mehrheiten in beiden Kammern, unabhängig davon, wer den Präsidenten stellte. Ein Macht-gleichgewicht verhindert allzu ehrgeizige Gesetze, die die Märkte oft verunsichern und deshalb zu Volatilität führen.

    Präsidentschaftswahlen sind wichtig für Wirtschaft und Märkte – aber nicht so wichtig, wie die meisten Anleger glauben. Präsidenten können Einfluss auf die Inflation nehmen, aber nicht auf Lieferketten, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und auf Basiseffekte. Sie können Vorschläge zur Steuerpolitik machen, aber nicht genau prognostizieren, wie Unternehmen und die Öffentlichkeit darauf reagieren. Manche Präsidenten haben das Glück, dass die Aktienmärkte gerade haussieren. Gerne versuchen sie, sich das als Erfolg zuzuschreiben. Die Aktienmarktentwicklung hängt aber von vielen Faktoren ab, auf die Politiker keinen Einfluss haben. Natürlich ist diese Wahl wichtig. Dennoch glauben wir, dass Anleger von sorgfältigen fundamentalen Unternehmens- und Marktanalysen mehr haben als von politischen Analysen.

       

       

      

    Quelle: Bloomberg Index Services Limited. BLOOMBERG® ist eine Handels- und Dienstleistungsmarke von Bloomberg Finance L.P. und seinen Tochtergesellschaften (zusammen „Bloomberg“). Bloomberg oder seine Lizenzgeber besitzen alle geistigen Eigentumsrechte an den Bloomberg-Indizes. Bloomberg hat dieses Dokument weder bestätigt noch genehmigt, garantiert weder die Richtigkeit noch die Vollständigkeit irgendeiner hierin enthaltenen Information, gibt keine explizite oder implizite Garantie im Zusammenhang mit den daraus gezogenen Schlüssen und schließt im größten nach anwendbarem Recht zulässigen Umfang jedwede Haftung oder Verantwortung für Schäden aus, die im Zusammenhang mit diesen Informationen entstehen.

    Der S&P 500 Index bildet den US-Aktienmarkt umfassend ab. Bei der Indexentwicklung bleiben Gebühren und Kosten unberücksichtigt. Man kann nicht direkt in einen Index investieren. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse. 

    Die Daten sollen nicht die Wertentwicklung eines MFS-Portfolios abbilden. Weitere Informationen zu allen MFS-Produkten, einschließlich der Performance, finden Sie unter mfs.com. Nur zur Illustration.

     „Standard & Poor’s“ und „S&P“ sind eingetragene Handelsmarken von Standard & Poor’s Financial Services LLC (S&P); Dow Jones ist eine eingetragene Handelsmarke von Dow Jones Trademark Holdings LLC (Dow Jones). S&P Dow Jones Indices LLC hat ihre Nutzung genehmigt, und MFS darf sie zu bestimmten Zwecken nutzen. Der S&P 500 ist ein Produkt von S&P Dow Jones Indices LLC. Das Unternehmen hat MFS die Nutzung des Index genehmigt. Die Produkte von MFS werden von S&P Dow Jones Indices LLC, Dow Jones, S&P oder ihren Tochterunternehmen nicht gefördert, angeboten, vertrieben oder beworben. Weder S&P Dow Jones Indices LLC noch Dow Jones, S&P oder ihre Tochterunternehmen treffen eine Aussage darüber, ob diese Produkte empfehlenswert sind.

    Die hier dargestellten Meinungen sind die der MFS Investment Solutions Group, eines Teils der Vertriebssparte von MFS. Sie können von denen der Portfoliomanager und Analysten von MFS abweichen. Die Einschätzungen können sich jederzeit ändern. Sie dürfen nicht als Anlageberatung, Wertpapierempfehlung oder Hinweis auf beabsichtigte Transaktionen von MFS verstanden werden.

IM ÜBERBLICK

Bis zu den Wahlen am 5. November bleibt nicht mehr viel Zeit. Neue Allianzen bilden sich, man bezieht Position, und die noch unentschlossenen Wähler entscheiden sich allmählich. In dieser Studie ordnen wir die Wahlen historisch ein und analysieren politische Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Kandidaten. Ein wichtiges Thema ist die Steuerpolitik. Sie wird entscheidend davon abhängen, ob eine der beiden Parteien neben dem Präsidenten auch die Mehrheit im Kongress stellt oder ob die Macht geteilt wird. Andere Themen sind Zölle und Regulierungen. In den letzten zehn Jahren sind Republikaner wie Demokraten protektionistischer geworden, und nach einem höchstrichterlichen Urteil im Frühsommer ändert sich auch das Regulierungsumfeld. 

Investoren sollten sich mit den Vorschlägen beider Kandidaten vertraut machen. Aller- dings haben Wahlergebnisse die Markt-entwicklung in der Vergangenheit nicht nachhaltig beeinflusst. Kriege, Rezessionen und selbst Pandemien haben nicht verhindert, dass die Kurse langfristig gestiegen sind. Wer den Präsidenten und die Kongressmehrheit stellte, hatte erstaunlich geringe Auswirkungen auf den Aktienmarkt. Am besten schien es zu sein, wenn die Partei des Präsidenten nicht auch den Kongress kontrollierte. Manchmal reagierten die Märkte aber auch überraschend, etwa 2016. Die Versuchung ist groß, sich als Anleger von der Politik mitziehen zu lassen. Dennoch halten wir es für klug, seinen Anlage-zielen treu zu bleiben und Politisches aus den Anlageentscheidungen herauszuhalten.

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Die Versuchung ist groß, sich als Anleger von der Politik mitziehen zu lassen. Dennoch halten wir es für klug, seinen Anlagezielen treu zu bleiben und Politisches aus den Anlageentscheidungen herauszuhalten.

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Staatsausgaben und Steuern

Seit fast 25 Jahren ist der amerikanische Bundes-haushalt defizitär. Daran dürfte sich auch mindestens zehn weitere Jahre lang nichts ändern. Für die Fiskalkonservativen in Washington und für einzelne Wähler ist das Defizit ein großes Thema, aber die meisten Amerikaner reagieren eher gleichgültig. Corona hat die ohnehin schon hohen Staatsausgaben weiter steigen lassen. In nur drei Jahren wurden für über 4,6 Billionen US-Dollar Konjunkturprogramme aufgelegt, und zeitweise betrug das Defizit mehr als 15% des BIP. Die wirtschaftlichen Folgen dieser enormen Ausgaben waren eindeutig: Der Konsum  legte kräftig zu, die Inflation auch. 

Unabhängig vom Wahlsieger im November rechnen wir weiterhin mit hohen Haushaltsdefiziten. Die beiden Kandidaten werden aber unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Kamala Harris plant Steuer-gutschriften von 25.000 US-Dollar beim erstmaligen Hauskauf und 6.000 US-Dollar nach der Geburt eines Kindes. Die Körperschaftsteuer soll von 21% auf 28% steigen. Außerdem will sie den, wie sie es nennt, „Preiswucher“ im Lebensmittelhandel bekämpfen – aber es ist unklar, was sie genau vorhat und wie sie es durchsetzen will. 

Darüber hinaus hat sie eine Erhöhung des bundesweiten Mindestlohns versprochen und will Steuern auf Trinkgelder im Restaurant- und Hotelgewerbe abschaffen. Damit greift sie eine Idee von Ex-Präsident Trump auf.

Trump wiederum will nicht nur Steuern auf Trinkgelder abschaffen, sondern auch jene Steuersenkungen aus dem in seiner ersten Amtszeit verabschiedeten Tax Cut and Jobs Act of 2017 entfristen, die sonst Ende 2025 auslaufen. Die Körperschaftsteuersenkung von 35% auf 21% ist ohnehin von Dauer, nicht aber die Steuersenkungen für Privatpersonen. Zu Trumps 20 wichtigsten Programmpunkten zählt auch die Stärkung und Modernisierung des amerikanischen Militärs. Bei Trump 2.0 würden also wohl die seit Jahren stagnierenden Verteidigungsausgaben erhöht. 

Manche Maßnahmen können per Erlass umgesetzt werden, größere Änderungen erfordern aber die Zustimmung des Parlaments. Die Mehrheitsverhältnisse im neuen Kongress sind daher äußerst wichtig. 

   

   

   

Der Arbeitsmarkt

Der schwächere Arbeitsmarkt wurde auch für Investoren zu einem immer wichtigeren Thema. Was bedeuten die Pläne der beiden Kandidaten für die Beschäftigungsentwicklung in den USA? 

Einwanderung

Arbeit ist ein wichtiger Produktionsfaktor. Wenn die Produktivität nicht steigt, kann die Wirtschaft ohne zusätzliche Erwerbspersonen nicht wachsen. Trump hat versprochen, bei einem Wahlsieg die Südgrenze zu sichern, die illegale Einwanderung zu verringern und Millionen illegaler Einwanderer abzuschieben. Harris will ebenfalls die Grenze sichern, zugleich aber die legale Einwanderung fördern und Einwanderern, die schon im Land sind, den Weg zur amerikanischen Staatsbürgerschaft ebnen. Da in den USA weniger Menschen geboren werden als sterben, ist eine gewisse Einwanderung nötig. Sonst würde die Erwerbsbevölkerung schnell altern, und die Erwerbspersonenzahl würde wie in vielen europäischen Ländern und in China schrumpfen. Einwanderung polarisiert. Wir glauben aber, dass es in den USA ohne sie nicht geht.

Gewerkschaften

Traditionell wählen Gewerkschaftsmitglieder demo-kratisch. Bei seinem Wahlsieg 2016 erhielt Trump von ihnen aber ungewöhnlich viele Stimmen in wichtigen Swing States. Ohne die Stimmen der Gewerkschaftler kann Harris nicht gewinnen. Generell muss sie die Arbeiter davon überzeugen, dass ihre Wirtschaftspolitik ihnen nützt – auch wenn die Regierung, der sie selbst angehört, die finanziellen Belastungen vieler Arbeiterfamilien in den letzten vier Jahren kaum lindern konnte.

Steuern auf Trinkgelder

Beide Kandidaten wollen Steuern auf Trinkgelder im Dienst- leistungssektor abschaffen. Die meisten Beschäftigten verdienen hier aber so wenig, dass sie gar keine Einkommen-steuer zahlen und sich die Entlastungen in Grenzen halten. Harris möchte den Bundesmindestlohn von 2,13 US-Dollar für Mitarbeiter mit Trinkgeldeinnahmen anheben. Er ist seit 1991 unverändert und liegt deutlich unter den 7,25 US-Dollar für Beschäftigte ohne Trinkgelder. Der Großteil der Löhne von Mitarbeitern mit Trinkgeldern wird zurzeit von den Verbrauchern gezahlt. Dennoch würden die Kosten der Unternehmen bei einem höheren Mindestlohn steigen. Viele Firmen haben schon jetzt mit steigenden Arbeitskosten in anderen Bereichen zu kämpfen.

   

   

   

Zölle werden normal

Ex-Präsident Trump hat die umfangreichsten Zölle seit den 1930ern eingeführt. Nachfolger Joe Biden ließ die meisten davon unangetastet und hat sie für China sogar noch ausgeweitet. Bei einem Wahlsieg Trumps rechnen wir mit noch mehr Schutzzöllen und vermuten, dass er entsprechende Drohungen als außenpolitisches Instrument einsetzt. Vizepräsidentin Harris dürfte die Zölle auf chinesische Güter wie schon Biden beibehalten, aber weniger offen für Zölle auf die Produkte wichtiger Handelspartner wie der EU, Kanada und Mexiko sein. Trump hat 60% Zoll auf alle chinesischen Importe und bis zu 20% Zoll auf Güter aus anderen Ländern vorgeschlagen. Harris äußerte sich hier weniger konkret. Seit der Einführung neuer Zölle am Anfang von Trumps Präsidentschaft haben viele Hersteller konjunktursensitiver Konsumgüter ihre Produktion von China in andere asiatische Länder und nach Mexiko verlagert. Höhere Zölle auf chinesische Waren würden das Wirtschaftswachstum weiter bremsen.

Früher dienten Zölle einmal dazu, Geld für die US-Regierung zu beschaffen und dabei amerikanische Unternehmen zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Heute will man mit Zöllen auch geistiges Eigentum schützen. Unabhängig von den Argumenten und Effekten dürften neue Zölle Revanchezölle zur Folge haben. Das würde dem Welthandel weiter schaden und könnte Konsumgüter langfristig verteuern.

In Einzelfällen können Zölle vielleicht etwas bewirken, aber  insgesamt machen sie das Leben für die Amerikaner teurer.  Sie bremsen das Wirtschaftswachstum und verursachen internationale Spannungen. Und noch etwas: In den letzten  100 Jahren hat der Kongress immer mehr Entscheidungs-kompetenzen über Zölle an die Exekutive abgegeben. Wir rechnen damit, dass beide Kandidaten diese Macht nutzen,  um ihre persönlichen Ziele durchzusetzen.

   

   

   

Unterschiedliche Regulierungs- ansätze

Harris will vor allem niedrigere Kosten für Verbraucher.

  • Wohnen: Harris möchte Deregulierung, damit mehr Häuser gebaut werden. Hinzu kommen Finanzhilfen für erstmalige Hauskäufer und Programme zum Bau kostengünstiger Mietwohnungen. All das nützt Bauherren und Unternehmen aus dem Baugewerbe.
  • Lebensmittel: Außerdem hat sie Preiskontrollen ange-kündigt und will Großfusionen im Lebensmittelsektor unterbinden. Preiskontrollen hatten meist niedrigere Investitionen und weniger Wettbewerb zur Folge. Statt zu fallen, könnten die Preise dann steigen.
  • Gesundheit: Die Vizepräsidentin will die Patienten-ausgaben für verschreibungspflichtige Medikamente deckeln. Außerdem will sie bei Biologika auf Preis-verhandlungen im Rahmen von Medicare verzichten. Das könnte Pharmaunternehmen helfen, die sich auf klassische Arzneimittel spezialisiert haben.
  • Energie: Harris ist für erneuerbare Energien. Ihre Pläne für fossile Energien gelten für den Sektor als neutral bis negativ. Anders als früher will sie Fracking aber nicht mehr verbieten.

Trump will mit Deregulierung das Wirtschaftswachstum fördern.

  • Klima: Trump würde aus dem Pariser Klimaabkommen austreten und die Biden’sche Emissionsregulierung von 2023 abschaffen. Beides würde den Anbietern erneuerbarer Energien schaden. 
  • Energie: Er verspricht einfachere Genehmigungs-verfahren für Bohrungen und Pipelines. Das wäre gut für Midstream-Unternehmen und könnte auch Explorations- und Förderunternehmen zunächst nützen. Langfristig könnte Deregulierung ihnen aber schaden, weil das Ölangebot steigen und der Ölpreis dann fallen könnte. 
  • Verarbeitendes Gewerbe: Die Offenheit des Ex-Präsidenten für Zölle könnte der amerikanischen Industrie nützen. Vielleicht würde er aber Teile des Inflation Reduction Act und des CHIPS Act aufheben. Die Auswirkungen seiner Politik auf das Verarbeitende Gewerbe wären also uneinheitlich.
  • Banken und Finanzen: Trump möchte nicht börsennotierten Unternehmen die Einwerbung von Kapital erleichtern und Kryptowährungen fördern. Die Pläne für eine Entschärfung der Dodd-Frank-Regulierungen könnten Finanzinstituten helfen, weil ihre Compliancekosten fallen würden. Andererseits könnte das Geschäft von Banken und Verbraucherkreditinstituten sehr viel instabiler werden.

US-Präsidenten haben in der Regulierungspolitik sehr viel Macht. Die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs könnte aber das Gleichgewicht zugunsten des Kongresses verschieben. Wie viele Wahlversprechen werden also wirklich umgesetzt? PolitiFact berichtet, dass Trump nur 23% und Biden nur 28% seiner Versprechen gehalten hat. Kommt Zeit, kommt Rat. Jedenfalls sollte man Aussagen im Wahlkampf nicht überbewerten.

   

   

   

Geteilte Macht ist gut für Aktien

Nach unseren Analysen haben Aktien in Jahren mit Präsidentschaftswahlen meist stark zugelegt, seit 1928 um durchschnittlich 7,5%. Das zweitbeste Jahr für Aktien ist demnach meist das letzte Jahr der vierjährigen Amtszeit, wobei die Erträge vor allem in dessen zweiter Hälfte anfallen. Überraschend ist, dass die Aktienmarktvolatilität (gemessen an der Standardabweichung p.a.) seit 1928 in Wahljahren  und anderen Jahren fast gleich ist.

Märkte hassen Unsicherheit. Vielleicht legen Aktien auch deshalb im letzten Jahr der ersten Amtszeit eines Präsidenten stärker zu als im letzten Jahr seiner zweiten Amtszeit, wenn er eine Lame Duck ist. Diese Wahl ist aber anders. Biden ist eine untypische lahme Ente, sodass uns diese Erkenntnis vielleicht nicht weiterhilft. 

Früher war es am Aktienmarkt meist recht egal, welche Partei die Kongressmehrheit stellte. Am besten war die Performance meist bei unterschiedlichen Mehrheiten in beiden Kammern, unabhängig davon, wer den Präsidenten stellte. Ein Macht-gleichgewicht verhindert allzu ehrgeizige Gesetze, die die Märkte oft verunsichern und deshalb zu Volatilität führen.

Präsidentschaftswahlen sind wichtig für Wirtschaft und Märkte – aber nicht so wichtig, wie die meisten Anleger glauben. Präsidenten können Einfluss auf die Inflation nehmen, aber nicht auf Lieferketten, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und auf Basiseffekte. Sie können Vorschläge zur Steuerpolitik machen, aber nicht genau prognostizieren, wie Unternehmen und die Öffentlichkeit darauf reagieren. Manche Präsidenten haben das Glück, dass die Aktienmärkte gerade haussieren. Gerne versuchen sie, sich das als Erfolg zuzuschreiben. Die Aktienmarktentwicklung hängt aber von vielen Faktoren ab, auf die Politiker keinen Einfluss haben. Natürlich ist diese Wahl wichtig. Dennoch glauben wir, dass Anleger von sorgfältigen fundamentalen Unternehmens- und Marktanalysen mehr haben als von politischen Analysen.

   

   

  

Quelle: Bloomberg Index Services Limited. BLOOMBERG® ist eine Handels- und Dienstleistungsmarke von Bloomberg Finance L.P. und seinen Tochtergesellschaften (zusammen „Bloomberg“). Bloomberg oder seine Lizenzgeber besitzen alle geistigen Eigentumsrechte an den Bloomberg-Indizes. Bloomberg hat dieses Dokument weder bestätigt noch genehmigt, garantiert weder die Richtigkeit noch die Vollständigkeit irgendeiner hierin enthaltenen Information, gibt keine explizite oder implizite Garantie im Zusammenhang mit den daraus gezogenen Schlüssen und schließt im größten nach anwendbarem Recht zulässigen Umfang jedwede Haftung oder Verantwortung für Schäden aus, die im Zusammenhang mit diesen Informationen entstehen.

Der S&P 500 Index bildet den US-Aktienmarkt umfassend ab. Bei der Indexentwicklung bleiben Gebühren und Kosten unberücksichtigt. Man kann nicht direkt in einen Index investieren. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse. 

Die Daten sollen nicht die Wertentwicklung eines MFS-Portfolios abbilden. Weitere Informationen zu allen MFS-Produkten, einschließlich der Performance, finden Sie unter mfs.com. Nur zur Illustration.

 „Standard & Poor’s“ und „S&P“ sind eingetragene Handelsmarken von Standard & Poor’s Financial Services LLC (S&P); Dow Jones ist eine eingetragene Handelsmarke von Dow Jones Trademark Holdings LLC (Dow Jones). S&P Dow Jones Indices LLC hat ihre Nutzung genehmigt, und MFS darf sie zu bestimmten Zwecken nutzen. Der S&P 500 ist ein Produkt von S&P Dow Jones Indices LLC. Das Unternehmen hat MFS die Nutzung des Index genehmigt. Die Produkte von MFS werden von S&P Dow Jones Indices LLC, Dow Jones, S&P oder ihren Tochterunternehmen nicht gefördert, angeboten, vertrieben oder beworben. Weder S&P Dow Jones Indices LLC noch Dow Jones, S&P oder ihre Tochterunternehmen treffen eine Aussage darüber, ob diese Produkte empfehlenswert sind.

Die hier dargestellten Meinungen sind die der MFS Investment Solutions Group, eines Teils der Vertriebssparte von MFS. Sie können von denen der Portfoliomanager und Analysten von MFS abweichen. Die Einschätzungen können sich jederzeit ändern. Sie dürfen nicht als Anlageberatung, Wertpapierempfehlung oder Hinweis auf beabsichtigte Transaktionen von MFS verstanden werden.

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