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Ein systematischer Ansatz, um Verkaufssignale bei Aktien zu erkennen

Wir halten unser Verkaufsmodell für ein nützliches Risikomanagementinstrument für Aktienportfolios. Es identifiziert Aktien, denen in den nächsten Monaten Verluste und Mindererträge drohen.

AUTOREN

Noah C. Rumpf 
Director
Quantitative Equity Research 

Jenney Zhang 
Quantitative Research Analyst

Im Überblick

  • Ein systematisches, von der Einzelwertauswahl unabhängiges Modell kann Hinweise auf drohende Mindererträge einer Aktie geben.
  • Dieses Verkaufssignal liefert den Portfoliomanagern von MFS Blended Research Zusatz-informationen, damit sie die Position überprüfen.
  • Die Überprüfung kann dazu führen, dass die Position gehalten, verkauft oder verkleinert wird – oder künftig gemieden.

Es ist nicht leicht zu entscheiden, welche Aktien man wann kaufen soll. Nicht minder schwierig können Verkaufsentscheidungen sein, zumal sie größere Auswirkungen auf die Performance haben können.

Einzelwertauswahlmodelle dienen dazu, Aktien zu ordnen – vom aussichtsreichsten zum vermutlich schwächsten Titel. Verkaufsmodelle konzentrieren sich hingegen auf Papiere, die voraussichtlich hinter dem Markt zurückbleiben. Dazu nutzen sie Faktoren, mit denen sich Mindererträge in der Vergangenheit besonders gut vorhersagen ließen. Die Faktoren der Einzelwertmodelle prognostizieren Mehr- und Mindererträge hingegen gleich gut.

In dieser Studie zeigen wir, wie ein solches Verkaufsmodell in den Investmentprozess passt, berichten über die Faktoren, die es nutzt, und geben ein Beispiel für den praktischen Einsatz.

Ein systematisches Verkaufsmodell

Um abzuschätzen, ob eine Aktie ein Verkaufskandidat ist, hat unser Quantitative Solutions Team ein zusätzliches Modell entwickelt. Es beurteilt Aktien anhand mehrerer Faktoren, die speziell für Verlustrisiken relevant sind. Wir halten das für eine wichtige Ergänzung des Investmentprozesses, vor allem in schwierigen Zeiten, wenn schwächere Aktien besonders verlustanfällig und Minder- erträge bzw. hohe Verluste am wahrscheinlichsten sind. Das neue Modell arbeitet völlig unab-hängig von unserem Einzelwertauswahlmodell. Es nutzt auch andere Faktoren, wie Abbildung 1 zeigt.

Die Faktoren unseres Einzelwertauswahlmodells gelten generell als Alphaindikatoren, die bei der Auswahl von Kauf- und Verkaufskandidaten gleichermaßen funktionieren. Faktoren mit einem asymmetrischen Ertragsprofil bleiben hingegen oft unberücksichtigt. Sie eignen sich zwar zur Prognose von Mindererträgen, aber nicht unbedingt zur Auswahl von Verkaufskandidaten. Damit sind sie für ein Einzelwertauswahlmodell eher ungeeignet. Nach Lektüre mehrerer Analysen von Wissenschaftlern, Wettbewerbern und von unserem eigenen Team haben wir ein separates Modell entwickelt. Es greift diese Faktoren mit einem asymmetrischen Profil auf und entwickelt daraus ein Verkaufssignal, das sich vom Signal unseres Einzelwertauswahlmodells unterscheidet.

Das Verkaufsmodell kann bei der Konstruktion der Blended-Research-Portfolios gute Dienste leisten. Mit dem Verkaufssignal lassen sich Titel mit Minderertragsrisiken mitunter frühzeitig erkennen. Bisweilen kann dieser systematische Ansatz auch helfen, Fehleinschätzungen beim Verkauf oder der Verkleinerung einer Position zu verhindern. Wenn das Modell ein Warnsignal liefert, können die Portfoliomanager den Titel genauer untersuchen. Dann können sie entscheiden, ob sie trotzdem daran festhalten oder die Position verkaufen bzw. verkleinern.

Asymmetrische Faktoren für unser Verkaufsmodell

Unser Verkaufsmodell besteht aus vier Kategorien von Faktoren, wie Abbildung 2 zeigt.

Innerhalb der vier Kategorien werden die Aktien anhand mehrerer Faktoren beurteilt:

  1. Bilanzqualität: fragwürdige Gewinnqualität und hohe Wahrscheinlichkeit von Bilanz-manipulationen
  2. Kreditrisiko: hohe Verschuldung und geringe Liquidität – die eine höhere Wahrscheinlich-keit von Finanzproblemen und Zahlungsausfällen anzeigen
  3. Kapitaleinsatz: ineffizienter Kapitaleinsatz – etwa zu hohe Investitionen, beispielsweise in Fusionen und Übernahmen, oder zu häufige Aktien- und Anleihenemissionen
  4. Marktstimmung: Volatilität und Leerverkaufsvolumen – beides Hinweise auf die Einschätzung durch den Markt

Diese Faktoren sind entweder kontinuierlich oder binär. Meist decken sie das gleiche Thema ab, sind aber trotzdem unterschiedlich und nur schwach miteinander korreliert. So zählt zur Kategorie „Kreditrisiko“ auch der Faktor Zinsdeckungsgrad als Indikator dafür, inwieweit ein Unternehmen die Zinsen auf sein Fremdkapital zahlen kann. In früheren Analysen haben wir Unternehmen mit einem niedrigen oder negativen Zinsdeckungsgrad (definiert als die Gewinne vor Zinsen und Steuern der letzten zwölf Monate dividiert durch die Zinsausgaben) als „Zombie-Unternehmen“ bezeichnet und untersucht, wie sie sich in unterschiedlichen Konjunkturphasen entwickeln. Es zeigte sich, dass ihre Aktien deutlich hinter dem Markt  zurückblieben, vor allem bei einer schwachen Konjunktur und hohen Zinsen, wie Abbildung 3 zeigt. Wir halten den Zinsdeckungsgrad für einen wichtigen Indikator für unser Verkaufs-modell – und für repräsentativ für die Art von Faktoren, die wir hier nutzen. Der Faktor sagt Verlierer zwar gut voraus, aber ein hoher Zinsdeckungsgrad gewährleistet nicht unbedingt Mehrertrag.

In unserem Verkaufsmodell betrachten wir die Aktien relativ zu ihrer Vergleichsgruppe. Bei einer bestimmten Mindestabweichung von einem zuvor definierten Schwellenwert vergeben wir für einen Faktor einen Score von 1, sonst eine 0. Jeder Faktor kann also als Warnsignal dienen. Mehrere Warnsignale sind ein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko in dieser Kategorie. Für das Verkaufssignal werden die vier Kategorien gleich gewichtet. Die Aktien mit dem ausgeprägtesten Verkaufssignal schneiden in mindestens zwei Kategorien schwächer ab als andere Titel des gleichen Sektors.

Das Verkaufsmodell in der Praxis

Für jede der vier Kategorien berechnen wir den Durchschnittsscore, der zwischen 0 (bester) bis 1 (schlechtester) liegen kann. Daraus bilden wir dann wiederum den Durchschnitt, um den Gesamtscore des Modells zu erhalten. Nach unseren Analysen waren die relativen Erträge von Unternehmen mit einem Gesamtscore von mindestens 0,5 in der Vergangenheit deutlich schwächer als andere Titel. Deshalb halten wir sie für die risikoreichsten Papiere und werten einen solchen Score als Verkaufssignal. Das betrifft etwa 2% bis 3% aller Aktien des Anlageuniversums. Abbildung 4 zeigt die 2% schwächsten Unternehmen aus dem amerikanischen Large-Cap-Universum im 4. Quartal 2023.

Abbildung 5 zeigt, welche Ergebnisse dieses Modell in den letzten 21 Jahren geliefert hätte. Für jedes Jahresende haben wir zahlreiche Verkaufskandidaten ermittelt und ihre relativen Erträge (gegenüber dem Sektormedian) im Folgejahr berechnet. Mit durchschnittlich  8,6 Prozentpunkten Minderertrag lagen die Verkaufskandidaten deutlich hinten. In einzelnen Jahren lagen sie aber auch vorn, vor allem 2009 (am Ende der internationalen Finanzkrise), 2020 (während Corona) und 2023. In diesen drei Jahren hatte der Markt entweder am Ende des Vorjahres (Oktober 2022) oder im 1. Quartal des jeweiligen Jahres (März 2009 und März 2020) seinen Tiefpunkt erreicht und sich anschließend wieder erholt.

Nutzen für die Portfoliokonstruktion

Wir halten unser Verkaufsmodell für ein wichtiges Risikomanagementinstrument. Es identifiziert Aktien, denen in den nächsten Monaten Mindererträge drohen. Unsere Portfoliomanager können dann entscheiden, ob sie diese Titel genauer beobachten, die Positionsgrößen verkleinern oder die Aktien ganz verkaufen. Nach unseren Analysen verbessert sich durch das Modell die Performance, und das Risiko verringert sich. Risiko-management ist für aktive Anlagestrategien wichtig. Wir glauben, dass man Alpha auf Dauer vor allem erzielt, indem man Verluste vermeidet. Langfristige Ziele lassen sich dann besser erreichen.

Gern sprechen wir mit Ihnen über unser systematisches Verkaufsmodell. Bitte wenden Sie sich dazu an Ihren Ansprechpartner bei MFS.

 

Die hier dargestellten Meinungen sind die des Autors/der Autoren und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung zum Kauf von Wertpapieren, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse.

Diversifikation garantiert keine Gewinne und schützt auch nicht vor Verlusten. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse.

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