Oktober 2024
Aktienthemen des Monats
Wir analysieren Trends und Entwicklungen an den Aktienmärkten weltweit.
Letzte Woche wurde Chinas Führung endlich aktiv. Die People’s Bank of China gab eine Reihe von Liquiditätsmaßnahmen bekannt. Sie senkte die Zinsen und stützte die Hypotheken- und Anleihenmärkte, um das Geschäftsklima zu stärken. Vor allem aber kündigte das Politbüro kurz darauf eine antizyklische Lockerung der Fiskalpolitik an, damit der Wohnimmobilienmarkt „nicht weiter nachgibt und sich wieder stabilisiert“, ergänzt um Einkommenshilfen für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen. Ist das der chinesische Draghi-Moment? Auf dem Höhepunkt der europäischen Staatsschuldenkrise hatte der damalige EZB-Chef angekündigt, „alles, was nötig ist“ zu tun, um den Euro zu verteidigen. Gilt „Whatever it takes“ jetzt auch in China?
Sicherlich hat China anders als früher diesmal keine Bazooka in Stellung gebracht. Ermutigend sind die Äußerungen von Staatschef Xi Jinping und anderen Regierungs-vertretern dennoch. Vielleicht war es nur die erste Salve, und es kommt noch mehr. Die Vielfalt der geplanten Maßnahmen zeigt, dass man den Ernst der Lage erkannt hat. Der Staat muss den Abschwung bremsen und das Konsumklima deutlich verbessern.
Die Lockerung der Geldpolitik ist hilfreich, ändert aber nichts am Überangebot an Häusern, der mangelnden Kreditnachfrage und der fehlenden Investitionsbereitschaft. Eine Reflation erfordert unserer Ansicht nach eine expansivere Fiskalpolitik, um Konsum und Nachfrage wirklich zu stärken. Das Politbüro hat mit seinen Ankündigungen hier aber wohl eine Wende eingeleitet, mit manchen neuen und noch unerprobten Maßnahmen. Frühere Konjunkturprogramme konzentrierten sich meist auf Investitionen und den Wohnungsbau. Das neue 1 Billion Renminbi (142 Milliarden US-Dollar) schwere Sozialleistungspaket wird aber vermutlich nur nach und nach umgesetzt und dabei auch noch angepasst. Am Wohnimmobilienmarkt geht es vor allem darum, den hohen Bestand unverkaufter Objekte abzubauen und die Preise zu stabilisieren – und nicht um eine stärkere Bautätigkeit. In den nächsten Wochen und Monaten dürften mehr Einzelheiten bekannt werden. Einstweilen scheint man am Markt aber an eine konzertierte Aktion der Behörden zu glauben, die die chinesische Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs bringen soll.
Die bislang verkündeten Maßnahmen helfen vor allem dem Konsum und weniger dem Wohnungsbau- und Bausektor. Wenn hier noch mehr getan wird, kann der private Verbrauch kurzfristig steigen. Entscheidend wird aber sein, ob die Verbraucher wirklich an das Ende der Deflation glauben. Wirksam sind die Konjunkturmaßnahmen nur, wenn sie das Konsumklima stärken, Verbraucher zu höheren Ausgaben animieren und für einen besseren Immobilienmarktausblick sorgen.
Chinesische Aktien legten nach den Ankündigungen kräftig zu. Vermutlich kommt es jetzt zu einer Konsolidierung, bis feststeht, welche Unternehmen wirklich profitieren. Wir rechnen noch mit einem langen Weg und vielen Hindernissen. Wenn der Staat nachlegt und die Maßnahmen schnell umgesetzt werden, können sie für Anleger eine Chance sein. Nach wie vor ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Wenn sich hier die Konjunktur erholt, kann das der Weltwirtschaft nur guttun.
Für Aktienanleger bleibt die europäische Konjunktur Anlass zur Sorge. Die beunruhigend schwachen deutschen Einkaufsmanagerindizes, die politische Blockade in Frankreich sowie die überraschend niedrige Inflation in Frankreich, Spanien und Italien belasten die Wirtschaft. Die Probleme Frankreichs und Deutschlands und der unerwartet schnelle Rückgang der Inflation könnten die EZB zu stärkeren Zinssenkungen veranlassen. Für zinssensitive Sektoren und Aktien mit hohen Dividendenrenditen könnte das gut sein. Auch eine Erholung Chinas könnte vielen europäischen Aktien helfen. Metall- und Bergbauwerte, Luxusgütertitel und andere Konsumwerte mit starkem Chinabezug haben auf die Ankündigungen von Konjunkturmaßnahmen schon jetzt positiv reagiert.
Das europäische Konsumklima bleibt aber schwach. Statt zu konsumieren, sparen die Haushalte immer mehr. Zum Glück steigen die Reallöhne aber weiter. Wenn Kredite billiger werden, könnte das den europäischen Konsum beleben und zusammen mit einer stärkeren chinesischen Konjunktur für mehr Wachstum und Kursgewinne bei Zyklikern sorgen. Auch wegen der vielen politischen Risiken weltweit scheinen uns vor allem Qualitäts-Zykliker mit niedrigerem Beta interessant. Der Weg wird aber kein leichter sein.
Die US-Wirtschaft übertrifft die Erwartungen, vor allem wegen des stabilen Dienstleistungssektors (der etwa drei Viertel der amerikanischen Wirtschaft ausmacht). Daran ändert auch die schwächere Industriekonjunktur nichts. Die Inflation lässt nach, und die ersten Zinssenkungen zeigen, wie viel Wert die Fed auf Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung legt. Eine Rezession sieht anders aus.
Die Fed senkt die Zinsen, obwohl die Unternehmensgewinne kräftig steigen. Auch deshalb ist die Zeit reif für Gewinne amerikanischer Aktien. Liquidität ist reichlich vorhanden, Anleihen profitieren von fallenden Kurzfristzinsen, die Zehnjahresrendite ist trotzdem höher, und die Credit Spreads bleiben eng. Letzte Woche wurde das amerikanische Bruttovolkseinkommen (BVE) aufgrund von Revisionen der Unternehmensgewinne und Haushaltseinkommen deutlich nach oben korrigiert. Marktbeobachtern hatte die jetzt geschlossene Lücke zwischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) und BVE Sorgen gemacht, da beide Indikatoren im Grunde Ähnliches messen – einmal die Produktion und einmal das damit erzielte Einkommen. Den Verbrauchern geht es also besser, als die Daten eine Zeit lang vermuten ließen, und sie haben auch mehr gespart. Das erklärt, warum der Konsum noch immer so stark ist.
Aber warum stellen die Unternehmen dann nicht mehr Mitarbeiter ein? Was ist der Grund für die Arbeitsmarktschwäche, die die Fed zu massiven Zinssenkungen veranlasst? Am Markt rechnet man zurzeit mit 200 Basispunkten bis Ende 2025. Ist der Arbeitsmarkt wirklich so schwach? Oder stimmen die Daten nicht, so wie auch viele andere Daten seit Corona verzerrt sind? Erleben wir jetzt die Spätfolgen der Neueinstellungen „auf Vorrat“ nach der Pandemie? Oder hat es vielleicht mit dem erwarteten engen Wahlausgang zu tun? Warten die Unternehmen angesichts der so unterschiedlichen Programme der beiden Kandidaten erst einmal den Wahltag ab? Oder lässt die Konjunktur vielleicht schneller nach, als wir meinen? Genau wie Sie suchen auch wir Antworten auf diese Fragen. Dabei achten wir auf Frühindikatoren für den Arbeitsmarkt und mögliche Anzeichen für ein Wiederaufleben der Inflation. Nicht vergessen sollte man auch die schnelle Eskalation im Nahen Osten sowie die insgesamt unsichere Weltlage und die Handelskonflikte – alles Gründe zur Sorge. Oft sind zwei diametral entgegengesetzte Entwicklungen möglich, was Prognosen schwierig macht. Besser sollte man daher auf Diversifikation setzen und in gut geführte Qualitätsunternehmen mit langfristigen Perspektiven investieren.
Im letzten Quartal gewann der Aktienmarkt wieder an Breite. Wir sahen Umschichtungen von einigen wenigen Technologie- und KI-Werten in zinssensitive Sektoren und Zykliker. Sektor- und größenklassenübergreifend bestimmen Momentum und Qualität weiterhin die Performance. Wenn die Zinsen (wie es die impliziten Erwartungen laut Bloomberg vermuten lassen) bis zum Jahresende 2025 um 200 Basispunkte fallen, nützt das vor allem Verbrauchern und hoch verschuldeten Unternehmen mit variablen Kreditzinsen. Das wäre gut für Zykliker und Konsumgüterwerte, aber auch für schwächere Aktien. Wir rechnen daher mit steigenden Gewinnen auf breiterer Front. Wichtig für die Asset-Allokation ist, dass Mid Caps zurzeit nicht hoch bewertet sind. Da sie aber rentabler und finanziell stabiler sind als die Small Caps im S&P 600, könnten sie von fallenden Zinsen und einer starken, wenn auch nachlassenden US-Wirtschaft profitieren. Einer der größten Sektoren des S&P 400 – des Mid-Cap-Index – sind Banken. Ihnen kann es nützen, wenn die Zinsstrukturkurve steiler wird und die Geldmarktzinsen fallen. Der Rückgang der Langfristrenditen von über 5% Ende 2023 auf etwa 4% heute verringert die Buchverluste der Langfristtitel in ihren Büchern (die zum Zusammenbruch der Silicon Valley Bank geführt haben). Außerdem hatten die Banken Zeit, um sich auf Verluste mit Immobilienkrediten (CRE-Loans) vorzubereiten, zumal sich der Ausblick für diese Kredite trotz anhaltender Probleme im Bürosektor insgesamt verbessert. Die Zinsen fallen zwar, doch dürften sie in Zukunft strukturell höher sein als vor Corona. All das kann für Banken unserer Ansicht nach nur gut sein. Außerdem führt es zu einer stärkeren Ertragsstreuung und neuen Chancen für Einzelwertexperten.
Mid Caps könnten von der stabilen US-Wirtschaft und den lockereren Finanzbedingungen profitieren. Gleiches gilt für Small Caps, doch sind mittelgroße Unternehmen vermutlich rentabler – und Anleger legen zurzeit Wert auf stabile Finanzen.
Quelle: Bloomberg Index Services Limited. BLOOMBERG® ist eine Handels- und Dienstleistungsmarke von Bloomberg Finance L.P. und seinen Tochtergesellschaften (zusammen „Bloomberg“). Bloomberg oder seine Lizenzgeber besitzen alle geistigen Eigentumsrechte an den Bloomberg-Indizes. Bloomberg hat dieses Dokument weder bestätigt noch genehmigt, garantiert weder die Richtigkeit noch die Vollständigkeit irgendeiner hierin enthaltenen Information, gibt keine explizite oder implizite Garantie im Zusammenhang mit den daraus gezogenen Schlüssen und schließt im größten nach anwendbarem Recht zulässigen Umfang jedwede Haftung oder Verantwortung für Schäden aus, die im Zusammenhang mit diesen Informationen entstehen.
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