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Robuste Portfolios: Sieben Grundsätze

Ein Portfolio ist robust, wenn unvorhergesehene Ereignisse ihm nur wenig schaden und die Erträge zu den Langfristzielen der Anleger passen. Wir nennen sieben Grundsätze.

AUTOR

Ross Cartwright
Lead Strategist
Strategy and Insights Group

  • Wie wichtig ein robustes Portfolio ist, wird manchmal unterschätzt. Wir halten Widerstandsfähigkeit aber für einen wichtigen Teil des Investmentprozesses. 
  • Ein Portfolio ist dann robust, wenn unvorhergesehene Ereignisse ihm nur wenig schaden und die Erträge zu den Langfristzielen der Anleger passen.
  • Wir nennen sieben Grundsätze, die bei der Konstruktion robuster Portfolios helfen können..

Warum Robustheit heute wichtig ist 

In Zeiten wie diesen wird eine Portfolioeigenschaft oft unterschätzt. Dabei ist sie wichtig, damit Anleger ihre Langfristziele erreichen, das Risikomanagement funktioniert und über den gesamten Konjunkturzyklus Erträge möglich sind. Wir nennen diese Eigenschaft „Robustheit“ oder auch „Resilienz“.


Robustheit wird allgemein als die Fähigkeit definiert, sich von Schocks, Verletzungen oder anderen Widrigkeiten schnell zu erholen. Ein Portfolio gilt dann als robust, wenn es mit dem Ziel konstruiert wurde, durch die Kombination verschiedener Techniken fundamental solide zu sein – sodass unvorhergesehene Ereignisse ihm nur wenig schaden und die Erträge zu den Langfristzielen der Anleger passen.


Die schöpferische Zerstörung, der zufolge schwache Unternehmen von stärkeren über-nommen oder durch neue Unternehmen mit besseren Technologien ersetzt werden, gilt als wichtige Säule der Marktwirtschaft. Sie hat oft hohes Wirtschaftswachstum ermöglicht. Doch die internationale Finanzkrise veränderte viel. Statt dem Markt die Zeit für eine Korrektur zu geben, wurde in großem Umfang interveniert. Die Notenbanken kauften Staatsanleihen, senkten die Leitzinsen auf null (oder sogar darunter) und betrieben Quantitative Easing. Unternehmen, die sonst gescheitert wären, wurde damit neues Leben eingehaucht.

In den letzten 15 Jahren hat man mit Aktien deshalb viel verdient. Robustheit schien nicht mehr wichtig. Viele der heutigen Marktteilnehmer haben noch nie einen drastischen Kurseinbruch erlebt und daher auch noch nie die Konsequenzen einer falschen Kapitalallokation gespürt. Wir glauben, dass Investoren wegen dieser Illusion der Marktstabilität robuste Anlagen nicht mehr zu würdigen wissen. Viele Anleger gehen davon aus, dass Geld- und Fiskalpolitik es im Zweifel schon richten werden. Umso höhere Risiken gehen sie ein.

Robustheit und langfristiger Vermögensaufbau scheinen aus der Mode gekommen zu sein. Aber genau das ist eines unserer wichtigsten Anlageziele. Robustheit wird wieder wichtig, wenn die durch die lange Hausse verdeckten Risiken und Fehlallokationen plötzlich sichtbar werden. Nicht die Krise vernichtet Kapital, sondern die Fehlallokationen, die ihr vorausgehen.

Wir meinen daher, dass man sich die Bedeutung der Robustheit stets vor Augen halten muss. Mehr noch: Sie ist geradezu alternativlos. Sonst wird man mit den Komplexitäten des derzeitigen Marktumfelds kaum zurechtkommen. Im Folgenden beschreiben wir unsere sieben Grundsätze für robuste Portfolios.

1. Kenne deine Anlagen besser, als die Modelle sie kennen: Daten und Modelle sind zwar nützlich, aber wohl eher Hilfsmittel als Entscheider. Krisen sind letztlich nicht prognostizierbar. Wer sich zu stark auf Modelle verlässt, lebt riskant – denn Modelle scheitern meist dann, wenn ihre Informationen besonders wichtig wären. Wer robuste Portfolios konstruieren will, darf sich deshalb nicht allein auf Daten und Modelle verlassen. Man muss die wirtschaftlichen Realitäten der Unternehmen erkennen und mit gutem Urteilsvermögen und gemeinsamem Know-how kluge Entscheidungen treffen. So gilt stetiges Gewinnwachstum oft als Hinweis auf ein starkes Unternehmen. Diese Stetigkeit kann aber trügerisch sein, wenn sie zulasten von Kunden, Mitarbeitern oder der Qualität der angebotenen Produkte und Dienstleistungen geht.

Mitte der 2000er-Jahre war General Electric das wertvollste Unternehmen der Welt. Nach Jahren der Finanzakrobatik, mit komplexen Buchhaltungspraktiken zur Glättung der Gewinne, sah das Unternehmen finanziell sehr stabil aus. Aber diese Praxis und die dadurch entstehende Unternehmenskultur führten dazu, dass die Geschäftsleitung wesentliche Schwächen im Kerngeschäft – Industrie und Finanzdienstleistungen – übersah. Von September 2007 bis März 2008 brach der Aktienkurs um 80% ein. Oberflächlich betrachtet hatte General Electric finanziell gut dagestanden. Wer aber ein robustes Portfolio will, muss Schwachpunkte erkennen, die die Finanzberichterstattung verbirgt, und sich aller Risiken bewusst sein. 

2. Robustheit durch Redundanz: In seinem Buch „Antifragilität“1 schreibt Nassim Nicholas Taleb, dass Robustheit eine gewisse Redundanz erfordert – so wie auch unser Körper mehrere Organe mit ähnlichen Funktionen hat. Redundanz ist der Schlüssel zu langfristigem Erfolg anstelle der Optimierung kurzfristiger Wachstumskennzahlen. Der echte Robustheitstest sind nicht die normalen Zeiten, sondern Sondersituationen. Was lange redundant schien, wird dann plötzlich unverzichtbar.

Die Coronakrise zeigte eindrucksvoll, dass übertriebene Just-in-time-Konzepte für bestimmte Bauteile und Zulieferer, um die Gewinnmargen um jeden Preis zu steigern, Unternehmen krisenanfällig machten. Gerade die für ihre komplexen Lieferketten bekannte Automobilindustrie litt sehr unter der Pandemie, weil sie selbst einfachste Bauteile nicht mehr beziehen konnte und das die Produktion massiv störte. Unternehmen, die Redundanz ernst nehmen und flexible Lieferketten haben, erholten sich schneller. Das zeigt die Bedeutung einer strategischen Perspektive, um auch in schwierigen Zeiten stabil zu sein. Bewährt haben sich Toyotas Resilienzstrategien. Das Unternehmen hielt eine gewisse Menge wichtiger Bauteile vor und kam daher mit Lieferkettenstörungen besser zurecht als viele Wettbewerber.

3. Innovationen schätzen: Forschungs- und Entwicklungsausgaben gelten oft als eher unwichtig, zumal viele Entwicklungsprojekte nicht greifbare Ergebnisse liefern. In schwierigen Zeiten gilt das umso mehr. In einer Welt mit immer neuen Risiken und Chancen kann mangelnde Innovationskraft einem Unternehmen aber langfristig schaden.

Nach der Fusion von Kraft Foods und Heinz im Jahr 2015 bemühte sich das neue Unter- nehmen um aggressive Kostensenkungen. Forschungs- und Entwicklungs- sowie Marketingbudgets wurden massiv eingedampft, um die Gewinne zu steigern. Das Unternehmen verlor daraufhin allmählich Marktanteile und fiel bei Marken- und Produktinnovationen zurück, als sich die Verbraucherwünsche änderten. Um Abhilfe zu schaffen, wollte man dann Unilever übernehmen, was aber scheiterte. Die Investoren erkannten, dass Kraft durch Übernahmen und nicht durch organische Markenentwicklung und Innovationen wachsen wollte. In den folgenden zwei Jahren brach die Aktie um 70% ein. 

4. Langfristiges, zukunftsgerichtetes Denken: Der Investmentprozess von MFS® ist langfristig ausgerichtet. Uns interessieren Unternehmen mit guten Fundamentaldaten (einschließlich stabiler Finanzen), dauerhaften Geschäftsmodellen, Wettbewerbsvorteilen, einer guten Geschäftsleitung und einer soliden Corporate Governance. Wir glauben, dass unsere Portfolios durch Investitionen in solche Unternehmen langfristig gut aufgestellt sind, auch für schwierige Zeiten.

Robuste Unternehmen zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie in schwierigen Zeiten antizyklisch investieren. Sie nutzen etwa die Schwäche von Wettbewerbern und kaufen günstig, um langfristig erfolgreicher zu sein. Dieser vorausschauende Ansatz sorgt für Kontinuität und begreift Krisen als Chancen. Robuste Unternehmen investieren auch mit sehr viel Sorgfalt und diversifizieren dabei nach Produkten und Ländern – ganz anders als etwa bei Research In Motion (BlackBerry) oder Blockbuster, die sehr stark auf ein einzelnes Produkt gesetzt haben, und das in einer Branche, die sich durch Wandel und Innovationen sehr schnell veränderte. Firmen wie L’Oréal waren hingegen stabil. Sie diversifizierten ihre Vertriebswege und wählten in der Finanzkrise 2008 einen anderen Mix aus Profi- und Endkundenprodukten. So bereiteten sie sich rechtzeitig auf Risiken vor.

5. Auf die langfristigen Gewinne kommt es an: Robustes Investieren ist wie eine Reise. Man reagiert auf die Veränderungen der Märkte. Oft darf man sich nicht allein auf die kurzfristigen Gewinne verlassen, um das Potenzial eines Unternehmens über einen gesamten Marktzyklus abschätzen zu können. Wir glauben, dass die Aktienkurse von den Gewinnen abhängen, und wir wollen unsere Portfolios durch Investitionen in Unternehmen stabilisieren, die auch langfristig verdienen. Quartalsprognosen interessieren uns daher nur wenig. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Unternehmen auch in drei, fünf oder zehn Jahren noch Erfolg haben kann. Bei MFS zählen vor allem die langfristigen Gewinne und Cashflows. Wir machen uns ein Bild davon, was ein Unternehmen wirklich wert ist, und schätzen ein, was der Markt dafür heute zu zahlen bereit ist. Vielen Marktteilnehmern fehlt diese Perspektive.

6. Bewertungen sind wichtig: Je höher eine Aktie bewertet ist (also je mehr die Anleger heute für künftige Erträge zu zahlen bereit sind), desto höher ist ihr Risiko – denn desto mehr muss das Unternehmen später verdienen, damit der heutige Kurs gerechtfertigt ist. Für uns zählt daher Bewertungsdisziplin. Wir legen unsere Positionsgrößen sorgfältig fest, um Risiken wirksam steuern zu können. Indem wir die Cashflows eines Unternehmens, ihr Wachstumspotenzial und ihre Risiken genau analysieren, wollen wir zu teure Aktien meiden, die das Portfolio destabilisieren könnten. Dieser disziplinierte Ansatz setzt auf Bewertungen und nicht auf Kurse. Er stellt sicher, dass sich alle Investitionen am Verhältnis von Ertragserwartungen und Risiken orientieren. Das Ergebnis ist ein robusteres Portfolio.

7.  Kapitalschutz und Erholungspotenzial: Ein robustes Portfolio legt auch Wert auf Kapitalschutz. Das ist entscheidend, um Verluste zu mindern und, wenn sie doch eingetreten sind, schnell wieder auszugleichen. Um x% Verlust wettzumachen, sind mehr als x% Ertrag nötig – wobei der Unterscheid umso größer wird, je höher der Verlust ist (Abbildung 1). Durch die Begrenzung von Verlustrisiken können robuste Portfolios über den gesamten Marktzyklus funktionieren. Das erklärt, warum eine Strategie, die auf Verlustbegrenzung setzt, über den gesamten Marktzyklus mithalten kann, obwohl sie an starken Kursanstiegen nur eingeschränkt partizipiert.

„Es gewinnt, wer nicht verliert“ – dieser Grundsatz ist gerade bei einem langfristigen Anlage-zeitraum besonders wichtig.

Robuste Portfolios überstehen Krisen nicht nur, sondern nutzen sie – indem sie sich anpassen und Verlustphasen als Chance begreifen. Wer sein Kapital in schwachen Marktphasen schützt, kann dann größere Risiken eingehen, wenn es sich unserer Ansicht nach am stärksten lohnt. Dieser Grundsatz scheint uns gerade bei einem langfristigen Anlagehorizont besonders wichtig.

Erfolg durch Robustheit

Unser langfristiger Ansatz legt Wert darauf, das Kapital unserer Kunden zu schützen. Wir berücksichtigen Risiken und Ertragschancen, damit unsere Investoren von allen Marktphasen profitieren können. Einen Marathon gewinnt man nicht durch eine Abfolge von Sprints, sondern durch strategische Planung.

Wir wissen, dass Robustheit kurzfristig Erträge kosten kann. Wir glauben aber, dass die Risiken mangelnder Robustheit oft unterschätzt werden. Ein robustes Portfolio weicht oft von Standardbenchmarks ab, die nur wenig mit den Anlegerzielen zu tun haben. Es berücksichtigt nämlich Risiken, die der Markt nicht unbedingt honoriert. Wir sind überzeugt, dass der Anlage-erfolg eines konsistenten Investmentprozesses und einer klaren Philosophie bedarf. Das sorgt nicht nur für Vertrauen, sondern ermöglicht auch diversifiziertes Alpha – konstruktiv und mit einer Portfoliostruktur, die zu den Anlagezielen passt.

Für MFS war Robustheit schon immer wichtig. Gerade jetzt, meinen wir, sollten Anleger ihre Asset-Allokation stabilisieren, um ihre Langfristziele zu erreichen. 


Nota
1 Nassim Nicholas Taleb. (November 2012) Antifragilität – Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen.

Die hier dargestellten Meinungen sind die der MFS Strategy and Insights Group, eines Teils der Vertriebssparte von MFS. Sie können von denen der Portfoliomanager und Analysten von MFS abweichen. Die Einschätzungen können sich jederzeit ändern. Sie dürfen nicht als Anlageberatung, Wertpapierempfehlung oder Hinweis auf beabsichtigte Transaktionen von MFS verstanden werden.

Diversifikation garantiert keine Gewinne und schützt auch nicht vor Verlusten. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Ergebnisse.

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